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Untreue-Verfahren gegen Himmer vor Diversion

Das Untreue-Verfahren gegen Ex-Bundesrat Himmer (ÖVP) könnte mit einer Diversion enden.
Das Untreue-Verfahren gegen Ex-Bundesrat Himmer (ÖVP) könnte mit einer Diversion enden. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Ex-Alcatel-Vorstand Harald Himmer hat sich am Montag ein aktiver ÖVP-Politiker wegen Untreue am Wiener Landesgericht verantworten müssen. Jetzt steht das Verfahren womöglich vor einer Diversion.
Untreue: ÖVP-Bundesrat Himmer in Wien vor Gericht

Der frühere "Bonzenquäler" - Himmer hatte bei der Nationalratswahl 1990 mit dem Slogan "Bonzen quälen, Himmer wählen" um Stimmen geworben - zeigte sich nach einer Mittagspause überraschenderweise zu einer Diversion bereit. Bis dahin hatte er sich vehement "nicht schuldig" bekannt.

Untreue-Verfahren gegen Himmer möglicherweise vor Division

Die Anklage wirft Himmer vor, als damaliger Manager der Alcatel-Lucent Austria AG seine Befugnisse missbraucht und das Unternehmen am Vermögen geschädigt zu haben. "Im Lichte der Ausführungen des Staatsanwalts denke ich darüber nach, eine gewisse Verantwortung zu übernehmen", sagte der ÖVP-Bundesrat, bevor er zunächst zu Ausführungen über den Breitband-Ausbau in den frühen 2003-er Jahren ansetzte.

Staatsanwalt bat ÖVP-Politiker eine diversionelle Erledigng an

Staatsanwalt Bernhard Löw hatte dem ÖVP-Politiker in seinem Eröffnungsplädoyer eine diversionelle Erledigung angeboten: "Sollte Himmer Verantwortung übernehmen, wäre das aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein klassischer Fall für eine Diversion." Der zur Anklage gebrachte Sachverhalt sei 15 Jahre her, Himmer habe sich seither wohl verhalten und sei unbescholten, versuchte der Staatsanwalt Himmer ein Geständnis schmackhaft zu machen: "Es würde die Sache vereinfachen. Aber es soll niemand etwas gestehen, was er nicht gemacht hat."

Himmer käme bei Diversion mit einer Geldbuße ohne Verurteilung davon

Mit einer Diversion käme Himmer - gegen Entrichtung einer Geldbuße oder Übernahme gemeinnütziger Leistungen - ohne Verurteilung davon und wäre weiterhin unbescholten. Himmer wird am kommenden Donnerstag 58 Jahre alt.

Himmers verteidiger: Sein Mandant werde sich "nicht schuldig" bekennen

Himmers Verteidiger Rüdiger Schender hatte noch in seinem Eröffnungsplädoyer festgehalten, sein Mandant werde sich "nicht schuldig" bekennen: "Der Anklage kommt keine Berechtigung zu. Die Vorwürfe sind unrichtig." Die belastenden Angaben des Ex-Lobbyisten Peter Hochegger - dieser hatte im Ermittlungsverfahren die inkriminierten Vorgänge gestanden, auf diesen Angaben sowie zwei eingeholten Sachverständigengutachten basiert im wesentlichen die Anklage - seien gleichermaßen unlogisch wie unschlüssig. Himmer habe Hochegger damals "nicht gut, nur oberflächlich, so wie man Leute in der Branche kennt" gekannt. Außerdem sei Hochegger seinerzeit "Berater des schärfsten Konkurrenten der Alcatel, nämlich von Huawei" gewesen. "Warum sollte Himmer ausgerechnet Herrn Hochegger ein kriminelles Angebot unterbreiten?", fragte sich Schender. Sein Fazit: "Das passt alles vorne und hinten nicht zusammen."

Mit angeklagt ist Ex-Lobbyist Peter Hochegger

Als Beteiligungstäter an der Untreue mitangeklagt sind der Ex-Lobbyist Peter Hochegger sowie der frühere Telekom Austria-Vorstand Rudolf Fischer. Laut Anklage trafen sich die beiden Ende 2007 mit Himmer im Wiener Hotel Intercontinental, wobei Himmer als Vorstandsvorsitzender der Alcatel-Lucent zunächst auf die jahrelange Zusammenarbeit mit der Telekom Austria AG beim Breitbandausbau und ein entsprechendes gemeinsames Budget für Marketing-Maßnahmen verwiesen haben soll. Alcatel war für die Telekom als Zulieferer für Lösungen im Bereich der XDSL-Technologie eingebunden. Von Himmer soll laut Anklage der Vorschlag gekommen sein, Hocheggers Firma Valora AG könne "Scheinrechnungen" über angeblich erbrachte Leistungen legen, die aus dem vorhandenen Budget für Schulungen, Seminare und Studien zu Produktneuentwicklungen bezahlt würden.

Valora-Stuiden waren laut Anklage nicht werthaltig

Tatsächlich erstellte die Valora in weiterer Folge eine "Studie zur Ausleuchtung des Marktumfelds der Telekom Austria" sowie eine "Studie Verbesserungspotenziale Investitionsklima im Festnetzbereich", die der Anklage zufolge nicht werthaltig waren. Ein Mitarbeiter Hocheggers habe dafür in wenigen Stunden bzw. in einem halben Tag brauchbar erscheinende Informationen gesammelt und zusammengeschrieben, wird in der Anklageschrift vermerkt. Staatsanwalt Löw präzisierte dazu in der Verhandlung unter Verweis auf ein Sachverständigengutachten, bei den vorgeblichen Studien habe es sich um "Strategiepräsentationen" gehandelt, "wofür nur ein geringfügiges Honorar, wenn überhaupt angemessen gewesen wäre".

Alcatel bezahlte für die erste Studie 2007 127.200 Euro

Alcatel bezahlte allerdings für die erste Studie am 28. Dezember 2007 127.200 Euro, für die zweite am 12. Juni 2008 117.600 Euro. Vom Honorar der ersten Studie sollten - so der Vorwurf der Anklagebehörde - vereinbarungsgemäß Himmer und Fischer vor Steuer je 35.000 Euro und Hochegger 36.000 Euro erhalten.

Hochegger belastete vor allem Himmer vor Gericht

Hochegger bekräftigte in seiner Beschuldigteneinvernahme sein Geständnis und belastete vor allem Himmer. "Die beiden Studien waren nicht werthaltig. Ich würde es (ihren Wert, Anm.) zwischen 5.000 und 7.000 Euro einordnen". Das Ganze sei "eigentlich ein Vorgang, der nicht in Ordnung ist" gewesen. Die Studien hätten nichts mit seiner Lobbying-Tätigkeit zu tun gehabt. "Meine Annahme war, dass Himmer mich günstig stimmen wollte, dass ich nicht zu sehr für Huawei interveniere", sagte Hochegger. Der Telekommunikationsausrüster und Hardwarehersteller sei bekannt dafür gewesen, "dass sie ähnliche Qualität (wie Alcatel, Anm.) zu einem günstigeren Preis bieten".

Hochegger: "Ich habe Geld für etwas entgegengenommen"

"Ich habe Geld für etwas entgegengenommen, dass nicht werthaltig war", betonte Hochegger. Von der Summe, die ihm Alcatel für die erste Studie überwiesen hatte, habe er "Bargeld-Auszahlungen" an Himmer und Fischer vorgenommen. Er habe Himmer im Mai 2008 im Hotel Intercontinental in einem Briefkuvert Bargeld übergeben. Vor Gericht erwähnte Hochegger in diesem Zusammenhang 19.000 Euro, bisher - auch in der Anklageschrift - war von 17.500 Euro die Rede gewesen. Fischer habe 12.000 Euro in bar und ein Bild im Wert von 7.000 Euro bekommen. In der Anklageschrift, die auf Hocheggers ursprünglichen Angaben beruht, wird Fischers Bargeld-Anteil demgegenüber mit 10.000 Euro und der Wert des Bildes mit 7.500 Euro beziffert. Himmer und Fischer haben das stets entschieden bestritten.

Rudolf Fischer bekannte sich ebenfalls "nicht schuldig"

Rudolf Fischer, dem die Anlage auch vorwirft, wider besseren Wissens die Werthaltigkeit der Studien bestätigt zu haben, bekannte sich "nicht schuldig". Die verfahrensgegenständlichen Studien habe Alcatel im Rahmen der Kooperation mit der Telekom für gemeinsames Marketing beauftragt, er habe diese "nicht abgenommen und kontrolliert". Ihm sei es gar nicht "um die Papiere" gegangen, "ich weiß nicht einmal, ob ich sie angeschaut habe", gab Fischer an. Vielmehr hätten die Studien dazu dienen sollen, Hochegger mit einem längerfristigen Lobbying-Auftrag an Alcalel und Telekom zu binden, um deren Interessen in puncto Glasfaser-Ausbau voranzubringen bzw. durchzusetzen.

Hinsichtlich des Bildes, das Fischer laut Anklage von Hochegger erhalten haben soll, führte der Ex-Telekom-Vorstand aus, er habe von jenem in der Tat ein Marilyn Monroe-Porträt eines Warhol-Schülers erhalten. Bezug zu den für die Telekom bzw. die Alcatel erstellten Studien habe es dabei aber keine gegeben. "Ich kannte das Original von Andy Warhol. Mich hat das Bild fasziniert, die Farbgebung", verriet Fischer. Hochegger habe ihm eine Kopie "als Geburtstagsgeschenk zu meinem 55er" gemacht.

Kein Zusätzlicher Strafausspruch sollte es einen Schuldspruch geben

Selbst wenn Hochegger und Fischer am Ende des Verfahrens schuldig gesprochen werden sollten, "wird wahrscheinlich kein zusätzlicher Strafausspruch zu fällen sein", räumte Staatsanwalt Löw in seinem Eingangsstatement ein. Denn bei beiden wäre auf Vorverurteilungen Bedacht zu nehmen. Hochegger wurde in der Buwog-Affäre vor knapp zwei Jahren nicht rechtskräftig zu sechs Jahren Haft verurteilt, Fischer hatte im Verfahren gegen Karl-Heinz Grasser & Co - ebenfalls nicht rechtskräftig - ein Jahr teilbedingt ausgefasst.

Fischer habe Lebensmittelpunkt mittleweile nach Thailand verlegt

Fischer hat seinen Lebensmittelpunkt mittlerweile nach Thailand verlegt, wie er dem Schöffensenat bei der Befragung zu seinen Generalien darlegte. Er ist Pensionist, seinen Monatsbezug wollte er nicht preisgeben. Hochegger lebt eigenen Angaben zufolge mittlerweile als Pensionist im dritten Wiener Gemeindebezirk von 1.050 Euro netto. Er befindet sich im Privatkonkurs. Himmer wies sich als Unternehmensberater aus, abgesehen von seinem Verdienst als Bundesrat beziehe er derzeit kein sonstiges Einkommen, "weil ich mich auf dieses Verfahren vorbereitet habe", wie er dem Schöffensenat erläuterte. Zu seinem Vermögen befragt, meinte der ÖVP-Politiker: "Immobilien im Wert von 450.000 Euro."

Das Verfahren ist ein Nebenstrang der 2010 aufgeflogenen Telekom-bzw. Blaulichtfunk-Affäre. Für Untreue mit einem Schaden bis zu 300.000 Euro sieht das Strafgesetzbuch bis zu drei Jahre Haft vor.

(APA/Red)

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