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Untersuchungsausschuss zur CIA-Affäre

Das Europäische Parlament hat die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen, der sich mit den geheimenn CIA-Gefangenentransporten befassen soll.

Das EU-Parlament stimmte am Donnerstag mit großer Mehrheit für die Einsetzung eines solchen Ausschusses, über dessen konkretes Mandat und Zusammensetzung im Jänner entschieden werden soll. Vom Europarat ist unterdessen der frühere Präsident der Parlamentarischen Versammlung, Peter Schieder, beauftragt worden, die politische Dimension der Affäre zu untersuchen.

Das Europäische Parlament sei fest entschlossen, die Wahrheit über die Gefangenentransporte herauszufinden, sagte die britische Liberaldemokratin Baronin Sarah Ludford. Wenn es notwendig sei, werde die EU auch Sanktionen gegen Mitgliedstaaten beschließen, denen schwerwiegende Menschenrechtsverstöße nachzuweisen seien. Ein möglicher Sanktionsmechanismus wäre die Aberkennung des Stimmrechts eines Mitgliedslandes im EU-Ministerrat.

Die Europaabgeordneten sind vor allem über Berichte der Medien und von Menschenrechtsorganisationen beunruhigt, dass der US-Geheimdienst CIA in Polen und Rumänien Geheimgefängnisse unterhalten haben soll. Zudem sollen demnach unter Terrorismusverdacht inhaftierte Personen heimlich über europäische Flughäfen in Italien, Deutschland und Rumänien transportiert worden sein. Die USA haben die Vorwürfe weder bestritten noch bestätigt.

Die CIA-Gefangenentransporte über Schweizer Hoheitsgebiet haben nach Erkenntnissen des Europarats-Sonderberichterstatters Dick Marty die Neutralität des Landes verletzt. Zur Aufklärung der Geheimdienstaffäre tue der Bundesrat, die Schweizer Regierung, zu wenig, kritisierte der Tessiner freisinnige Ständerat (Mitglied der zweiten Parlamentskammer) in einem Interview mit dem Zürcher Massenblatt „Blick“ (Donnerstag-Ausgabe). Ob Justiz- und Polizeiminister Christoph Blocher oder Außenministerin Micheline Calmy-Rey, der Bundesrat müsste von den USA „mit Nachdruck ganz präzise Auskünfte über alle Flüge verlangen, die die Schweiz betreffen“, verlangte der Parlamentarier.

Zur Frage, warum Washington keine Informationen geliefert habe, sagte Marty: „Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ist es Arroganz. Oder die USA stellen sich auf den Standpunkt: Die Europäer wussten es, die sollen es selbst sagen.“ Wenn der Schweizer Inlandsgeheimdienst DAP – wie er behaupte – von den CIA-Gefangenentransporten auch erst aus der Presse erfahren habe, müsse man sagen: „Unsere Abwehr ist ziemlich schwach“, sagte der Politiker. Es gebe aber sicher zwei Geheimdienste in Europa, die alles wussten. Deren Namen wolle er nicht nennen.

Der Politische Ausschuss des Europarates hat den früheren Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung, Peter Schieder, beauftragt, die politische Dimension der Affäre um die umstrittenen CIA-Gefangenentransporte und -Gefängnisse zu untersuchen. Der österreichische Politiker und sozialdemokratische Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrates ist damit neben dem Schweizer Abgeordneten Marty der zweite Europarats-Berichterstatter. Der Zeitpunkt seines Berichts, so Schieder am Donnerstag, hänge vom Bericht Martys ab. Beide Berichte würden gemeinsam von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates behandelt.

Europäische Staaten dürften sich nach den Worten des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen für Folter, Manfred Nowak, nicht „mitschuldig machen an einer Politik, die Folterungen und unmenschliche Behandlungen einschließt, wo immer diese dann auch stattfinden“. Hinsichtlich der umstrittenen Flüge des US-Geheimdienstes CIA konstatierte Nowak in einem von der deutschen „tageszeitung“ (taz) veröffentlichten Interview: „Wenn sich herausstellt, dass Behörden der Bundesrepublik davon gewusst haben, dass es sich bei diesen Flügen um so genannte Rendition-Flüge handelte, um Häftlinge in Länder oder Verhörzentren zu bringen, wo ein großes Risiko besteht, dass diese dort gefoltert werden, dann haben sie sich mitschuldig gemacht.“

Der UNO-Beauftragte erinnerte daran, dass Deutschland die Folterkonvention der Vereinten Nationen ratifiziert hat, die die ausdrückliche Verpflichtung enthält, eine Person zu schützen, wenn man einen Hinweis darauf hat, dass sie gefoltert wird oder werden könnte. „Nach dem Weltstrafrechtsprinzip hätten sogar die Personen, die verdächtigt werden, an Folterungen mitzuwirken, festgenommen werden müssen“, so der österreichische Spitzenjurist. „Sobald hier ein Verdacht zum Ausdruck gebracht wird, ist erhöhte Wachsamkeit geboten. Dann ist es sicherlich schon fahrlässig, wenn eine Regierung weiterhin wegsieht. Und zweitens: Für alle Überflüge und Landungen im Luftraum eines Staates haben die Staaten die Souveränität, und daher sind sie auch verpflichtet zu prüfen, dass diese Überflüge nicht dem Völkerrecht widersprechen.“

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