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Unterstützung für Milosevic

Der ehemalige jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic kann immer noch auf die Unterstützung der Mehrheit der serbischen Bevölkerung zählen.

Daran ändern auch mehr als fünf Monate Prozess und belastende Zeugenaussagen nichts.

„Die Menschen in Serbien stehen nach wie vor auf Milosevics Seite“, sagt Bogdan Ivanisevic, Beobachter des Milosevic-Prozesses in Belgrad für die Nichtregierungsorganisation „Human Rights Watch“, in einem Gespräch mit der Schweizerischen Depeschenagentur.

Die Unterstützung für Milosevic sei jedoch nicht auf dessen Beliebtheitsgrad zurückzuführen. In den Umfragen liegt er weit hinter der momentanen Regierung.

Viel mehr spiele da der Hass der Menschen gegen das Internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (ICTY) eine wichtige Rolle. „Wenn die Serben zwischen ICTY und Milosevic wählen müssen, entscheiden sie sich für Milosevic.“

Vor dem Sturz Milosevics im Oktober 2000 habe die Anti-ICTY-Propaganda unglaubliche Ausmaße angenommen, erklärt Ivanisevic. „Die Regierung trichterte den Menschen ein, dass das Tribunal eine teuflische Institution ist, dass geheime Zeugen erfundene Aussagen machen, nur um unschuldige Serben zu belasten.“

Heute sei diese Ansicht zwar nicht mehr so stark verankert, wie vor zwei Jahren. Trotzdem seien die Serben weit davon entfernt, das Tribunal als eine mehr oder weniger objektive Institution zu betrachten. Die Vorurteile gegen das Tribunal hätten überlebt, sagt Ivanisevic.

Auch die Regierung in Belgrad unternehme kaum etwas, um diese Einstellung zu ändern. „Entweder sind die Regierungsvertreter dem Tribunal feindlich gesinnt, oder sie geben vor, nur mit dem ICTY zusammenzuarbeiten, um nicht von der wirtschaftlichen Hilfe abgeschnitten zu werden.“

Niemand unterstütze das Tribunal klar und öffentlich. Die Kooperation mit Den Haag werde immer als ein „Business-Deal“ dargestellt. Es gehe der Regierung nur darum, Geld zu bekommen und nicht für Gerechtigkeit zu sorgen oder die Verbrecher zu bestrafen.

Die serbische Bevölkerung erhalte daher eine sehr zynische Einstellung zum ICTY. „Und Milosevic, der gegen das Tribunal kämpft, erlangt dadurch die Position des Vertreters einer Mehrheit von Menschen, die das Tribunal auch nicht mögen“, sagt Ivanisevic.

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