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"Uns fehlt ein Leithammel"

FC-Lustenau-Präsident Mag. Dieter Sperger nimmt vor dem Adeg-Erstliga-Derby gegen den FC Mohren Dornbirn die Spieler in die Pflicht.

Seit nunmehr vier Jahren steht Mag. Dieter Sperger an der Spitze es ältesten Fußballklubs Vorarlbergs. Vor allem die letzten Ergebnisse lassen auch den Präsidenten des FC Lustenau 1907 derzeit alt aussehen. Offen äußert er seine Enttäuschung über einige der Spieler. Darüber hinaus macht er sich Gedanken über die Zukunft des Vereins, zumal sich die Vision von einer eigenen Heimstätte länger nicht zu erfüllen scheint. Nicht zuletzt deshalb ist für ihn selbst eine Fusion mit dem kommenden Gegner FC Mohren Dornbirn vorstellbar.

VN: Vor acht Spieltagen war Ihr Klub noch Tabellenführer. Vor dem Derby am Freitag (Anm. d. Red.: 19 Uhr in Dornbirn) kreist wieder das Abstiegsgespenst über der Mannschaft. Wie kann so etwas passieren?
Mag. Dieter Sperger:
Wenn wir es wüssten, dann hätten wir es schon längst abgestellt. Diesbezüglich hat mir gut gefallen, was der Trainer gesagt hat: “Spiele gewonnen und verloren werden zwischen den Ohren.” Wenn wir ehrlich analysieren, müssen wir einfach sagen: Anfangs waren wir nicht so gut, jetzt sind wir aber sicherlich auch nicht so schlecht. Eine Erklärung wäre vielleicht, dass uns die Typen in der Mannschaft fehlen. Wir haben keinen echten Leithammel, der in einer solchen Situation das Team führen kann und auf dem Platz Stärke zeigt. Wahrscheinlich hat der anfängliche Erfolg dieses Manko überdeckt. Diesbezüglich müssen wir auch Fehler in der Einkaufspolitik eingestehen. Aus jetziger Sicht hätten wir Geld für einen echten Leader investieren müssen. Allerdings habe ich auch das Gefühl, dass ein Großteil der Mannschaft einfach noch nicht realisiert hat, worum es geht. Mir sind viele einfach zu verweichlicht. Mit Forderungen sind Spieler schnell da, aber meist kommt zu wenig zurück.

VN: Sie sind also schwer enttäuscht über einige Spieler?
Sperger:
Ich kann das Selbstmitleid – vorne läuft nichts und hinten kriegen wir Tore – nicht mehr hören. Die Spieler sollen erkennen, was wichtig ist.

VN: Den Trainer nehmen Sie von der Kritik aus?
Sperger:
Nach wie vor bin ich überzeugt, dass unser Trainer, dass unser gesamtes Trainerteam hervorragende Arbeit leistet. Wir hatten schon ein Gespräch, in dem wir die Situation analysiert haben. Vielleicht, so meinten sie, hätten sie von den Spielern zu viel verlangt. Was sie aber nicht können, ist den Charakter der Spieler zu ändern. Denn momentan sehe ich die Hauptschuld an unserer sportlichen Misere bei der Mannschaft. Letztendlich ist aber auch klar, dass der Trainer an Resultaten gemessen wird. Deshalb will ich die nächsten vier Spiele (Anm. d. Red.: Dornbirn, Vienna, Juniors, Hartberg) Erfolge, sprich Siege sehen. Ansonsten müssen wir uns Gedanken machen. Aber noch einmal: Die Schuld liegt für mich bei der Mannschaft. Ich bin nicht mehr bereit zu akzeptieren, was da im Moment passiert. Das ist auch klar mit meinen Vorstandskollegen so beschlossen. Wenn einige nicht wissen, was ihre Aufgabe ist, so werden wir genau dort den Hebel ansetzen. Denn wie man in einen Wald hineinschreit, so hallt es heraus.

VN: Vor vier Jahren haben Sie mit großen Visionen das Amt des Klubchefs übernommen. Es scheint, als haben sich diese verändert?
Sperger:
Sie haben sich sehr wohl verändert. Zum einen sehe ich für den FC keine Perspektive, was einen Bundesliga-Aufstieg betrifft. Zum anderen ist die Unterstützung der Gemeinde alles andere als gegeben.

VN: Wie problematisch ist das Fehlen einer Heimstätte – sowohl sportlich als auch finanziell und was das Klubleben betrifft?
Sperger:
Das sind drei zusätzliche Problemfelder, die belas­ten. Die Finanzierbarkeit ohne Heimstätte ist doppelt schwierig.

VN: Hört sich ein wenig nach Amtsmüdigkeit an?
Sperger:
Es geht doch nicht darum, ob ich es machen will oder nicht. Im Gegenteil, es macht mir nach wie vor Spaß. Die Frage ist die, wohin der Weg führen soll. Sowohl für den FC als auch für den Fußball in Vorarlberg. Es geht um die Nachhaltigkeit. Und da sehe ich nur die Lösung mit einem starken Profiklub im Land. Das macht wirtschaftlich Sinn. Der Weg dorthin ist vielschichtig, denn bislang hat es sich gezeigt, dass weder ein Verein stark genug war noch dass Fusionen funktioniert haben.

VN: Stichwort Fusion. Immer wieder taucht das Gerücht von einem Flirt zwischen dem FC Lustenau und dem FC Dornbirn auf. Ist für Sie eine Verschmelzung der beiden Klubs vorstellbar?
Sperger:
Im Prinzip kann ich mir immer alles vorstellen. Ob es ein Gerücht ist, weiß ich nicht. Fakt ist, dass beide Klubs ein sehr gutes Verhältnis pflegen. Das heißt aber nicht, dass man morgen fusionieren muss. Gedanken darüber haben sich beide Vereine schon gemacht. Aber noch einmal, ich komme zurück auf die Frage nach der Vision des FC Lustenau. Vielleicht ist es nachhaltiger, die richtigen Strukturen zu schaffen, als sich auch auf Einzelkämpfe mit der Gemeinde oder dem Lokalrivalen einzulassen.

VN: Konkret: Könnte es auch heißen, dass die BL-Lizenz des FC bei einem Dornbirner Abstieg in die Messestadt wandert?
Sperger:
Nein, sicher nicht deshalb, um Dornbirn in der Liga zu halten. Aber klar ist, dass Dornbirn ein ligataugliches Stadion und ein gutes Umfeld besitzt. Schlussendlich braucht es aber mehr als nur diese beiden Vereine.

VN: Besteht nicht die Gefahr, dass Vereine dadurch ihre Identität verlieren?
Sperger:
Nein, weil bei allen Überlegungen die Vereine als solche in ihrer Existenz bestehen bleiben. Die komplette Integration eines Klubs in den anderen ist nicht das Thema.

VN: Was müsste ein starker Ländle-Profiklub Ihrer Meinung nach unbedingt haben?
Sperger:
Einen professionellen Vorstand, der strategisch die Geschicke leitet, in dem auch Entscheidungsträger aus der Wirtschaft und der Politik sitzen. Das Tagesgeschäft müsste von jeweiligen Ressortprofis etwa im Bereich Sport, Finanzen bzw. Stadionbetrieb geleitet werden. Vereinsmeierei darf keine Rolle mehr spielen.

VN: Kommt der SCR Altach Ihrem Ideal nicht schon sehr nahe?
Sperger:
Von allen vier Klubs in Vorarlberg hat Altach im Moment mit Sicherheit die professionellsten Strukturen.

VN: Professioneller Fußball ist kostenintensiv. Wie ist es um die Finanzen beim FC Lustenau bestellt?
Sperger:
Die Zahlen hat der Klub bei der Jahreshauptversammlung öffentlich gemacht.

VN: Dem Klub sind also finanziell die Hände gebunden?
Sperger:
Ja, auch weil wir wieder eine Bundesliga-Lizenz haben wollen. Aber das geht sieben von zehn Vereinen in der Liga gleich.

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