Unruhen in Nigeria
Die Kämpfe breiteten sich bis in die Hauptstadt Abuja aus, wo Muslime bewaffnet mit Macheten und Dolchen Passanten angriffen. Auslöser der Unruhen ist der Streit um die Wahl der Miss World, die am 7. Dezember in Abuja stattfinden soll. Die Veranstalter halten weiter an ihrem Plan fest, die Wahl am 7. Dezember stattfinden zu lassen.
Anlass des Aufruhrs war ein Artikel in der „ThisDay“, in dem die Kritik von Muslimen an der Miss-World-Wahl zurückgewiesen wurde. Der Verfasser schrieb, selbst der Prophet Mohammed hätte wohl nichts gegen die Veranstaltung einzuwenden gehabt. „Ganz ehrlich, er hätte sich vermutlich eine Frau von ihnen (den Schönheitsköniginnen) ausgesucht“, hieß es in dem bereits am Samstag erschienenen Artikel. In Kaduna gibt es neben der muslimischen Bevölkerungsmehrheit eine große christliche Minderheit. In den vergangenen drei Jahren kam es wiederholt zu Zusammenstößen zwischen beiden Gruppen.
Der Artikel hatte den Zorn der Moslems weiter angefacht, die bereits über die Austragung des Schönheitswettbewerbs in Nigeria erzürnt sind. Obwohl sich das Blatt mehrfach für den Artikel entschuldigte, hatten Jugendliche am Mittwoch das Büro der Zeitung „This Day“ in Kaduna angezündet. Ein einflussreiches Gremium moslemischer Gelehrter hatte die Wahl zuvor als „wollüstige Förderung der Unzucht durch Nacktheit“ gebrandmarkt.
Von brennenden Barrikaden stiegen am Freitag dichte Rauchwolken über die im Norden Nigerias gelegene Stadt Kaduna auf. Einwohner berichteten, dass immer wieder Schüsse zu hören seien. In zwei überwiegend von Christen bewohnten Stadtteilen warfen Jugendliche Fensterscheiben ein und setzten Moscheen in Brand. An den beiden Vortagen waren muslimische Bewohner gewaltsam gegen Angehörige der christlichen Minderheit vorgegangen. Autos gingen in Flammen auf, vier christliche Kirchen wurden zerstört. Einwohner suchten in Polizeistationen und auf Militärstützpunkten Schutz.
In der Hauptstadt Abuja, dem Austragungsort der Wahl, steckten verärgerte Moslems nach dem Freitagsgebet Autos in Brand. Ein großes Aufgebot an Sicherheitsbeamten wurden in der Stadt zusammengezogen, wie ein AFP-Reporter berichtete. Zivilisten flohen aus dem betroffenen Stadtviertel.
In Abuja wurde auch ein Journalist überfallen, der über die Unruhen berichten wollte. Die Angreifer forderten ihn auf, Verse aus dem Koran zu zitieren, oder sie würden ihn töten. Die Männer ließen den Reporter frei, als sie bemerkten, dass er Muslim war. Polizei und Soldaten griffen ein, die Unruhen legten sich nach einigen Stunden. Eine Sprecherin des Miss-World-Wettbewerbs, Stella Din, erklärte, die Kandidatinnen seien in ihren Hotels in Abuja sicher. Keine von ihnen habe etwas von den Auseinandersetzungen mitbekommen. „Wir bedauern diese Vorfälle, aber sie sind kein Fehler der Miss World“, sagte Din. „Sie sind das Ergebnis von unverantwortlichem Journalismus. Die Show wird definitiv weitergehen.“ Am Samstag wurden die 90 Schönheitsköniginnen zu einer Modenschau in der südnigerianischen Stadt Port Harcourt erwartet.
An der Miss-Wahl nimmt keine Österreicherin teil. „Wir haben unsere Teilnahme an der Wahl zur ’Miss World’ bereits am 20. September abgesagt“, erklärte der Chef der Miss Austria Corporation, Emil Bauer. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden des islamischen Steinigungs-Todesurteils gegen eine Nigerianerin habe man sich dazu entschlossen.