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Unruhen im Iran nach Wiederwahl Ahmadinejads

Im Iran sind die Sicherheitskräfte hart gegen Demonstranten und Oppositionelle vorgegangen, die in den schwersten Krawallen seit Jahren gegen den Ausgang der Präsidentschaftswahl protestierten. Wie die Polizei am Sonntag mitteilte, wurden mindestens 170 Menschen festgenommen.
Verletzte nach Unruhen in Teheran

In der Hauptstadt Teheran kam es am Sonntag am zweiten Tag in Folge zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des unterlegenen Kandidaten Mir-Hossein Moussavi und der Polizei. Die Sicherheitskräfte feuerten mehrfach in die Luft und gingen mit Tränengas gegen rund 200 Demonstranten vor, die mit Steinen auf die Polizei warfen. Das reformorientierte Lager kritisierte “massiven” Wahlbetrug” und forderte eine Wiederholung des Urnengangs. Moussavi erklärte, er erkenne das Ergebnis nicht an. Amtsinhaber Mahmoud Ahmadinejad bezeichnete die Wahl hingegen als “völlig frei”.

Am Sonntag versammelten sich tausende Anhänger Ahmadinejads zu einer zentralen Feier in Teheran. Sie schwenkten iranische Fahnen. Ahmadinejad wollte auf der Veranstaltung eine Rede erhalten. Zuvor hatte er bereits Kritik an der Wahl zurückgewiesen. Er habe die Wahl klar gewonnen, betonte Ahmadinejad.

Bereits am Samstag hatte es in Teheran teils gewaltsame Proteste gegen die Wiederwahl des ultrakonservativen Ahmadinejad gegeben. In einigen Vierteln glichen die Proteste einem regelrechten Aufruhr, wie Augenzeugen und Journalisten berichteten. Es waren die heftigsten Ausschreitungen seit den Studentenunruhen im Juli 1999. Am Abend griffen auch in Zivil gekleidete Angehörige der islamischen Basij-Miliz in das Geschehen ein und gingen gegen die Demonstranten vor.

Nach den Protesten am Samstag seien 170 Menschen festgenommen worden, sagte Vizepolizeichef Ahmed Reza Radan am Sonntag der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA. Davon würden 60 als “Organisatoren” der Ausschreitungen angesehen. Zehn weitere bezeichnete er als die “geistige Anstifter” der Proteste. Nach Oppositionsangaben waren unter den Festgenommenen auch Vertraute und nach Angaben des führenden Reformpolitikers Ali Abtahi auch der Bruder von Ex-Präsident Mohammed Khatami, der eine Wahlempfehlung für den gemäßigt Konservativen Moussavi abgegeben hatte.

“Niederlage für die USA”

Ahmadinejad bezeichnete die Wahlen als Niederlage für die USA und ihre Verbündeten. Die hohe Wahlbeteiligung sei ein Schlag gegen “das unterdrückerische System, das die Welt regiert”, sagte er am Sonntag in seiner ersten Pressekonferenz seit Verkündung seines Wahlsieges. Ahmadinejad bekräftigte ferner, dass es in der Atompolitik seines Landes keine Änderung geben wird.

An dem Urnengang hatten sich am Freitag mehr als 84 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Wie das iranische Innenministerium mitteilte, errang Ahmadinejad 62,63 Prozent der Stimmen und wurde so ohne Stichwahl wiedergewählt. Moussavi als sein aussichtsreichster Gegenkandidat kam demnach nur auf einen Stimmenanteil von 33,75 Prozent. Der geistliche Führer des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, rief alle Iraner auf, sich hinter ihren Präsidenten zu stellen.

Die Wiederwahl Ahmadinejad wurde international zurückhaltend bewertet. Die EU-Ratspräsidentschaft zeigte sich “besorgt” über die Unregelmäßigkeiten bei der Wahl und die Ausschreitungen. US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte, sie hoffe, dass das Wahlergebnis den “ehrlichen Willen und Wunsch des iranischen Volkes” widerspiegele. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner äußerte sich “äußerst besorgt” über das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte am Sonntag: “Der Verlauf der Wahlen im Iran wirft zahlreiche Fragen auf.” Die Berichte über Unregelmäßigkeiten seien “besorgniserregend” und müssten von Teheran aufgeklärt werden.

Das iranische Innenministerium hat den arabischen Fernsehsender “Al-Arabiya” am Sonntag angewiesen, sein Büro in Teheran eine Woche lang zu schließen. Wie der Teheraner Korrespondent des Satellitensenders weiter berichtete, wurde kein Grund für die Entscheidung genannt. Zuvor habe es jedoch stundenlange Debatten mit dem Ministerium über einen Sendebeitrag gegeben. Das Ministerium habe verlangt, dass er geändert werde.

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