In der Erklärung, die am Donnerstag einstimmig verabschiedet wurde, hieß es, der Sicherheitsrat sei „zutiefst schockiert und beunruhigt“ über das Bombardement, bei dem am Dienstag vier UNO-Beobachter ums Leben gekommen waren. Auf Druck der USA wurde jedoch auf eine Verurteilung Israels ebenso verzichtet wie auf eine Beteiligung der UNO an den Ermittlungen zu dem Vorfall. Israel verstärkte unterdessen seine Angriffe auf den Südlibanon. Die USA zogen den Großteil ihres Botschaftspersonals aus Beirut ab.
Der Sicherheitsrat ermahnte „Israel und alle anderen beteiligten Seiten“ zur Einhaltung des Völkerrechts und zum Schutz des UNO-Personals. Die israelische Regierung wurde aufgefordert, den Vorfall umfassend zu untersuchen. Die Vetomacht China hatte eine schärfere Erklärung gefordert. Bei dem Angriff war auch ein chinesischer Blauhelmsoldat gestorben.
Der chinesische UNO-Botschafter Wang Guangya sagte, der ursprüngliche Entwurf sei „zu einem Minimum verwässert“ worden. Andere UNO-Diplomaten sagten, die späte Reaktion sei peinlich für den UNO-Sicherheitsrat. „Was für eine Botschaft schicken wir in die Welt, wenn wir noch nicht einmal zum Tod von Menschen Stellung nehmen können, die uns doch eigentlich schützen sollen und die vom Sicherheitsrat entsandt wurden“, fragte einer von ihnen. Am Mittwoch war eine gemeinsame Erklärung am Veto der USA gescheitert.
Die israelische Luftwaffe flog in der Nacht auf Freitag mehr als 60 Angriffe auf die Hisbollah-Hochburg Kilya-Dalafa in der Bekaa-Ebene, wie die libanesische Polizei mitteilte. Auf das Dorf Aitarun nahe der libanesisch-israelischen Grenze wurden am Donnerstagabend rund 160 Granaten abgefeuert, wie die Polizei mitteilte. In der Umgebung von Tyrus und Nabatiyeh flog die israelische Luftwaffe rund 20 Angriffe. Dutzende Wohngebäude wurden zerstört oder schwer beschädigt. Insgesamt gab es in der Nacht auf Freitag Angriffe auf 130 Ziele im Libanon, teilte die israelische Armee mit. Berichte, wonach eine Kommandozentrale der Hisbollah in Tyrus zerstört wurde, sind nicht bestätigt worden.
Bei der Bombardierung eines Wohngebäudes in Nabatiyeh starb nach libanesischen Angaben ein Mann, vier Personen wurden verletzt. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Beirut vom Donnerstag sind den Kämpfen seit 12. Juli rund 600 Zivilpersonen zum Opfer gefallen. Die offizielle Zahl der libanesischen Todesopfer liegt bei 382. Auf israelischer Seite wurden 33 Soldaten und 19 Zivilpersonen getötet.
Das israelische Sicherheitskabinett hatte am Donnerstag die Verstärkung der Luftangriffe beschlossen. Der israelische Justizminister Haim Ramon sagte, die Libanon-Konferenz am Mittwoch habe Israel de facto dazu autorisiert, seine Angriffe bis zur Auflösung der Hisbollah-Miliz fortzusetzen. Der finnische Außenminister und EU-Ratspräsident Erkki Tuomioja, der am Freitag nach Beirut reisen wollte, sagte, dies sei Israels Interpretation, „und die ist falsch“.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) konnte unterdessen erstmals Hilfsgüter in das Grenzdorf Rmeish im Süden des Libanon bringen, in dem rund 30.000 Flüchtlinge wegen der Angriffe festsitzen. Nach vier Tagen vergeblicher Anläufe habe der Konvoi den Ort am Donnerstag erreicht, sagte ein IKRK-Sprecher. Insgesamt seien 30.000 Tonnen Lebensmittel, Decken und Kochgeschirr gebracht worden. In Rmeish haben tausende Bewohner aus den Nachbardörfern Zuflucht gesucht.
US-Präsident George W. Bush zeigte sich angesichts der Zerstörungen im Libanon „beunruhigt“, sagte jedoch zugleich, er lehne einen „falschen Frieden“ ab. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana forderte dagegen erneut einen „möglichst raschen Waffenstillstand“. Die EU-Außenminister wollen am Dienstag zu einer Dringlichkeitssitzung zur Lage im Nahen Osten zusammenkommen. Ein Berater von US-Außenministerin Condoleezza Rice traf am Donnerstag zu Gesprächen mit Vertretern von NATO und EU in Brüssel ein. Philip Zelikow sei in Europa, in Gesprächen mit beiden Organisationen „die internationale Friedenstruppe, die in Rom beschlossen wurde, zu gestalten und zu organisieren“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums in Washington. Ein Berater von Rice ließ durchblicken, dass die US-Außenministerin möglicherweise erneut zu einer Vermittlungsmission in den Nahen Osten reisen werde.