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Uni Wien: Professor Nuno Maulide ist "Wissenschafter des Jahres 2018"

Nuno Maulide ist "Wissenschafter des Jahres 2018".
Nuno Maulide ist "Wissenschafter des Jahres 2018". ©APA/HANS PUNZ
Am Montag wurde zum 25. Mal die Auszeichnung "Wissenschafter des Jahres" in Wien verliehen. Heuer geht sie an den Chemiker und Professor an der Uni Wien Nuno Maulide.

Der Chemiker Nuno Maulide (39) ist “Wissenschafter des Jahres 2018”. Mit dieser Auszeichnung würdigt der Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten die Vermittlungsarbeit des aus Portugal stammenden Professors für Organische Synthese an der Universität Wien. Die heuer zum 25. Mal verliehene Auszeichnung wurde Maulide heute, Montag, in Wien übergeben.

Wien: Nuno Maulide bekommt Auszeichnung verliehen

Mit der seit 1994 jährlich durchgeführten Wahl soll vor allem das Bemühen von Forschern ausgezeichnet werden, ihre Arbeit und ihr Fach einer breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen und damit das Ansehen der Forschung zu heben. Maulide sieht Wissenschafter in der Verantwortung zu erklären, warum sie etwas machen und warum das wichtig für die Gesellschaft sei. “Denn letztendlich werden wir auch von der Öffentlichkeit finanziert und die Leute haben das Recht zu wissen, warum es essenziell für sie ist”, begründete Maulide gegenüber der APA sein Engagement in der Wissenschaftsvermittlung.

Es sei auch Verantwortung der Wissenschafter, “Fakten zu vermitteln und einen Beitrag zu einer faktenorientierten Gesellschaft zu leisten”. Kritisch sieht er hier sein Fach, habe doch in den vergangenen Jahrzehnten das Wort Chemikalie einen negativen Beigeschmack bekommen. “Wie kann so etwas sein? Wasser ist eine Chemikalie, der Mensch ist eine reine Chemikalien-Maschine, also wie kann das Wort Chemikalie eine schlechte Bedeutung haben?” Um dem entgegenzuwirken, werde die Vermittlungstätigkeit von allen Wissenschaftern “absolut und dringend gebraucht”, betont der Forscher, der auch ausgebildeter Konzertpianist ist und seine musikalischen Auftritte dazu nutzt, auf Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten von Musik und Chemie hinzuweisen.

Maulide seit 2013 an der Uni Wien

Maulide wechselte 2013 mit seiner Forschungsgruppe und einem hochdotierten “Starting Grant” des Europäischen Forschungsrat (ERC) vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim (Deutschland) als Professor nach Wien. Als Organischer Chemiker bemühe er sich, die chemischen Eigenschaften von organischen, also aus Kohlenstoff aufgebauten Verbindungen zu erforschen, neue Reaktionen zu entdecken und Syntheseverfahren für diese Verbindungen zu entwickeln und zu verbessern, beschreibt der Wissenschafter sein Arbeitsfeld. Ein großes Thema dabei sei eine nachhaltige, umweltfreundliche Chemie – ein Bereich, für den er 2016 einen “Consolidator Grant” des ERC erhielt.

Dass er über den chemischen Tellerrand hinausschaut, zeigt sein Engagement am Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Dort hat Maulide seit Herbst als “Adjunct Principal Investigator” ein Standbein und sieht viele Kooperationsmöglichkeiten zwischen Medizin und Chemie.

“Wissenschafter des Jahres” zu Vortrag in der USA geladen

Die Auszeichnung haben bisher u.a. der Komplexitätsforscher Stefan Thurner (2017), die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer (2016), der Archäologe Wolfgang Neubauer (2015), der Weltraumforscher Wolfgang Baumjohann (2014) oder die Umwelthistorikerin Verena Winiwarter (2013) erhalten. Der “Wissenschafter des Jahres” wird alljährlich vom Office of Science and Technology (OST) an der österreichischen Botschaft in Washington zu einem Vortrag in die USA eingeladen.

Nuno Maulide: Profi-Chemiker und Amateur-Pianist

Nur ein Semester lang hat Nuno Maulide bereut, den Weg in die Chemie eingeschlagen und sich nicht primär der Musik gewidmet zu haben. Dann kam die erste Vorlesung in Organischer Chemie und er wusste sofort: “Wow, das ist etwas für mich.” Mittlerweile denkt er, dass es “einfacher ist, Profi-Chemiker und Amateurmusiker zu sein als umgekehrt”. Publikum sucht und findet er aber auch mit der Chemie.Und zwar bei seinen umfangreichen Bemühungen, sein Fach und seine Tätigkeit als Forscher der Öffentlichkeit zu vermitteln.

In seiner Entscheidung für die Chemie habe ihn auch das Gefühl bestärkt, bei acht Stunden Klavierspiel am Tag zunehmend zu vereinsamen, erinnerte sich der am 17. Dezember 1979 in Lissabon geborene Maulide im Gespräch mit der APA. Das Studium als Konzertpianist schloss er dennoch ab und wann immer es möglich ist, sitzt er auch heute noch am Klavier – durchaus erfolgreich, wie seine Teilnahme an Klavier-Wettbewerben für Amateure und seine öffentlichen Konzerte belegen.

Arbeitspausen werden zum Klavier spielen genutzt

Erst kürzlich hat er in einem Zwischengeschoß des Chemie-Instituts, wo eigentlich Geräte gelagert werden, ein altes Piano entdeckt und freut sich nun über die Gelegenheit, auch in Arbeitspausen Klavier spielen zu können. Maulide sieht viele Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten von Musik und Chemie, auf die er auch bei Vortrags-Konzerten aufmerksam macht, wo er unterhaltsam “musikalische Geschichten über Chemie” erzählt.

So bezeichnet Maulide seinen fachlichen Schwerpunkt, die organische Synthesechemie, als “sehr künstlerisch”. “Wir kommunizieren anhand von Strukturformeln, das heißt wir malen Striche auf die Abzugsscheiben unserer Arbeitsplätze, wo Sie die Zeichnungen von Tausenden Molekülen sehen – das ist unsere Sprache, so kommunizieren wir und das versteht jeder, egal wo er oder sie herkommt.” Für ihn ist das “der ästhetische Aspekt” seines Fachs, in dem er auch viel Kreativität sieht: “Wir machen jeden Tag in unserem Labor neue Moleküle, die nie vorher auf der Erde waren – das ist schon spannend.”

Laufbahn von Nuno Maulide

Nach dem Grundstudium in Lissabon machte er an der Katholischen Universität Löwen (Belgien) und der Ecole Polytechnique Paris seinen Master in Chemie und schloss 2007 in Löwen sein PhD-Studium ab. Als Postdoc ging er an die Stanford University und wechselte 2009 an das Max Planck-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim (Deutschland). 2013 habilitierte er an der Universität Bochum und wechselte im selben Jahr als Professor an die Universität Wien.

Mit im Gepäck hatte er nicht nur seine Forschungsgruppe, sondern auch einen hochdotierten “Starting Grant” des Europäischen Forschungsrats ERC. 2016 folgten ein “Consolidator Grant” und 2018 eine “Proof of Concept”-Förderung des ERC.

Wissenschaftlich widmet sich Maulide u.a. der Suche nach neuen bzw. einfacheren Synthesewegen. So stellte er im vergangenen Jahr im Fachjournal “Science” eine neue Methode vor, wie sich mithilfe von Schwefelverbindungen alle erdenklichen Variationen eines bisher nur beschränkt herstellbaren chemischen Grundgerüsts produzieren lassen, auf dem viele Naturstoffe und Krebsmittel basieren. Unter dem Schlagwort “Atomökonomie” versucht er zudem chemische Reaktionen effizienter und umweltfreundlicher zu machen. Sie sollen ohne Abfallprodukte ablaufen, was bedeutet, dass alle über die Ausgangsstoffe eingesetzten Atome auch im Endprodukt zu finden sind.

Zahlreiche Auszeichnungen: Nun ist Nuno Maulide auch “Wissenschafter des Jahres”

Maulide hat bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. den Bayer Early Excellence in Science Award (2012), den Heinz Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2013), den “Wiener Mut”-Preis für sein Bemühen, den Wissenschaftsstandort Wien internationaler zu positionieren (2014), und den Förderungspreis der Stadt Wien (2017). Im selben Jahr wurde er in die “Junge Akademie” der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sowie in das Kuratorium des Wissenschaftsfonds FWF aufgenommen.

Chemiker Nuno Maulide: Mehr Geld für Grundlagenforschung nötig

Mehr Unterstützung für die heimische Grundlagenforschung wünscht sich Nuno Maulide von der Forschungspolitik. In der Bundeshauptstadt habe der Chemiker bisher jedenfalls “starke Unterstützung” erfahren, betonte er bei einer Pressekonferenz am Montag. Um Schieflagen beim öffentlichen Bild seines Faches zu beseitigen, könnte die Chemie-Community durchaus mehr tun.In Österreich werde zwar die angewandte Forschung von der öffentlichen Hand stark unterstützt, im Bereich der Grundlagenforschung sei die Situation jedoch anders. Als Mitglied des Kuratoriums des auf die Förderung letzterer spezialisierten Wissenschaftsfonds FWF beobachte er, wie zahlreiche exzellente Anträge für Forschungsprojekte aufgrund von Budgetknappheit abgelehnt werden müssten.

Bei der von der Regierung geplanten Exzellenzinitiative, die momentan von einem Expertengremium ausgearbeitet wird, sollten eher personenbezogen herausragende Wissenschafter in Österreich gefördert und mit entsprechender Forschungsinfrastruktur ausgestattet werden. Eine themenbezogene Förderung erscheint Maulide hingegen weniger zielführend.

Maulide: Menschen sollen “keine Angst vor Chemie haben”

Sein starkes Engagement in der Wissenschaftsvermittlung werde in der Forschungsgemeinde nicht überall geschätzt, meinte der Chemiker. Es sei aber “ein Fehler der Community”, diese Vermittlungsarbeit nicht ernst zu nehmen, nur weil sie sich nicht unmittelbar in wissenschaftlicher Reputation niederschlage. In diesem Zusammenhang seien auch Ideen gefragt, “wie man diese Arbeit belohnen kann”.

In der Chemie würden leider viele Leute noch immer “ein Synonym für Umweltverschmutzung” sehen. Dem müsse mit Information begegnet werden, damit zukünftig Menschen “keine Angst vor der Chemie haben”. Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Umweltverschmutzung, Energiewende oder in der Medizin könnten jedenfalls nicht ohne sein Fach angegangen und bewältigt werden, sagte Maulide.

(APA/Red)

 

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