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Ungarns neues Autobahngesetz

Scharfe Kritik ungarischer Umweltschützer trifft das durch das ungarische Parlament verabschiedete so genannte Autobahn-Gesetz, berichtet die ungarische Tageszeitung „Nepszabadsag“.

Es gebe „schwere verfassungsmäßige Beanstandungen“ gegenüber der neuen Rechtsregel. Nun sei es die Aufgabe des Verfassungsgerichtes, über die beanstandeten Verfügungen zu urteilen. Nach dem neuen Gesetz würden Gegenmeinungen von Umwelt- oder Naturschutz sowie von Bürgern betroffener Gemeinden hinsichtlich der Festlegung der Trassen für Autobahnen oder Schnellstraßen jegliche Bedeutung verlieren.

Laut Andras Lukacs, dem Leiter der ungarischen Umweltschutzorganisation „Levegö Munkacsoport“ („Arbeitsgruppe Luft“), hätte auch der Rechtsweg nach dem neuen Gesetz keine „aufschiebende Wirkung“. Das bedeute, dass trotz eines anhängigen Verfahrens Baugenehmigungen erteilt und der Bau trotz eventueller rechtlicher Schritte begonnen werden kann. Es sei zugleich unwahrscheinlich, dass eine für hunderte Millionen Forint gebaute Straße später verlegt werde, wenn sich nach einem Jahre andauernden Gerichtsprozess schließlich herausstellt, dass die gebaute Straße oder Autobahn „irreparable Umweltschäden“ verursacht, sagte Lukacs.

Eine weitere Kritik der Umweltschutz-Organisation betrifft die Verlagerung des Kompetenzbereiches. Nach dem neuen Gesetz werden die örtlichen Aufsichtsbehörden für Umweltschutz um ihr Entscheidungsrecht gebracht. Diese wird der zentralen Hauptaufsichtsbehörde für Umweltschutz zugesprochen. Die Hauptaufsichtsbehörde könnte jedoch eher möglichem politischen Druck in ihren Entscheidungen nachgeben, kritisiert die Umweltschutzgruppe. Als Nonsens wird weiter bezeichnet, dass im Falle von Einspruch gegen eine Entscheidung ebenfalls der Chef der Hauptaufsichtsbehörde das Sagen hat, der damit über die von ihm bereits in erster Instanz gebilligten Entscheidungen urteilen kann. Lukacs wies darauf hin, dass die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und auch die Weltbank angezweifelt hätten, dass in Ungarn der Autobahnbau die kosteneffektivste Methode sei, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen.

Während die regierenden Sozialisten (MSZP) im Wahlkampf 2002 den Bau von 800 km Autobahn oder Autostraße versprochen hatten, trifft sie nun immer schärfere Kritik seitens der rechtskonservativen Opposition. Diese werfen der Regierung die mangelnde Durchsetzung des Wahlversprechens vor. Zugleich wird vom Kabinett betont, der Autobahnbau genieße 2004 Priorität. Für diese Projekte würde die Europäische Union Finanzhilfen in Höhe von 200 Mio. Euro bereitstellen. Da diese nach Medienberichten bis zum Jahr 2007 „verbaut“ werden müssten, habe es die ungarische Regierung eilig.

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