Ungarn trauert um Ferenc Puskas
“Er war der Spieler mit den zwei Karrieren, der geniale Regisseur und Dribblekünstler, der Einbein-Fußballer von geradezu märchenhafter Perfektion”, wie eine Zeitung einmal treffend schrieb. Fast sechs Jahre hatte Puskas gegen die Alzheimer Krankheit gekämpft, seit Mitte September lag er auf der Intensivstation.
Puskas spielte, “als ob sein linkes Bein in einem Glacehandschuh gesteckt hätte”, hatte der ebenfalls zur Legende gewordene Alfredo di Stefano einmal über seinen Mannschaftskameraden bei Real Madrid gesagt. Als Spieler hatte der Kapitän der ungarischen Nationalelf bei der Weltmeisterschaft 1954 praktisch zwei Leben: Das eine machte den technisch perfekten Torjäger in 84 Länderspielen mit 83 Toren für Ungarn zu einem der populärsten Sportler seines Landes. Das andere ließ den Major der ungarischen Armee nach dem Volksaufstand 1956 und der Flucht über Österreich nach Spanien zu einem Geächteten im eigenen Land werden. Seine ungarische Heimat durfte der am 2. April 1927 als Ferenc Purczeld geborene Superstar erst 1981 wieder besuchen.
Seit 1958 auch spanischer Staatsbürger, führte Puskas Real Madrid 1960 mit vier Toren beim 7:3 über Eintracht Frankfurt zum fünften Europacup-Sieg der Landesmeister en suite. Mit Madrid wurde er auch sechsmal spanischer Meister (1961-1965 und 1967). Bereits in seinem dritten Pflichtspiel für Real hatte der mit dem Spitznamen “Pancho” bedachte Superstar einen Hattrick erzielt – natürlich mit dem linken Fuß.
“Fußballspielen, das ist eine Kunst. Aber du wirst sie nie lernen, weil du zu faul bist und dir einbildest, alles mit dem linken Fuß machen zu können. Kein großer Fußballer kommt mit einem einzigen Fuß aus”, soll Ferenc Puskas senior seinem Sohn zu Beginn der Karriere gesagt haben. Puskas junior widerlegte diese Aussage seines Vaters und wurde nicht nur ein Weltstar, er wurde zum Inbegriff des “einbeinigen Fußballers”.
Puskas war der Größte jener grandiosen Elf von Gustav Sebes, die zwischen 1950 und 1954 in 32 Spielen ungeschlagen blieb, 1952 in Helsinki Olympiasieger wurde und am 25. November 1953 England mit einem grandiosen 6:3-Sieg die erste Heimniederlage der 90-jährigen Länderspielgeschichte zufügte. 222 Tage später erlebte Puskas die größte sportliche Enttäuschung seines Lebens. Am 4. Juli 1954 zerstörten Sepp Herbergers Taktik, Fritz Walters Regie und Helmut Rahns Tore mit dem 3:2 im WM-Finale den Mythos von der Unschlagbarkeit der Magyaren. Die Deutschen feierten ihr “Wunder von Bern”, während die als haushoher Favorit gehandelten Ungarn, die Deutschland in der Gruppenphase noch mit 8:3 vom Feld geschossen hatten, die Schweiz “nur” als Vizeweltmeister verließen.
Zwischen 1958 und 1966 gelangen Puskas in 179 Oberhaus-Spielen 159 Tore für Real, nimmt man die für Honved dazu, sind es insgesamt 511 in 533 Matches. Viermal spielte er auch in der spanischen Nationalmannschaft, deren Kader er auch bei der WM 1962 in Chile angehörte. 1959, 1960 und 1966 wurde er mit Real Madrid Europacup-Sieger der Meister sowie 1960 auch Weltcup-Gewinner. Seine Spielerkarriere beendete Puskas bei einem ungarischen Klub in Vancouver.
Als Trainer arbeitete er dann in Spanien (Alicante, Murcia), in Kanada, Griechenland (Panathinaikos/Meistercup-Finale 1971, AEK Athen), Kuwait, Chile (Colo Colo), Ägypten, Paraguay, Australien, in den USA und auch in der ungarischen Nationalmannschaft (April bis Juli 1993) – doch so gut wie der Spieler Puskas war der Trainer Puskas mit Ausnahme dreier griechischer Meister-Titel nie.