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Uneinige Atomkraft-Ablehnung im Parlament

Nach der japanischen Reaktorkatastrophe haben sich Österreichs Regierung und Opposition am Dienstag im Parlament einen Wettstreit um die stärkere Anti-Atom-Aussage geliefert. Den Anfang machte der Ministerrat mit einem Aktionsplan für einem EU-weiten Atomausstieg. Danach appellierte Kanzler Werner Faymann in einer Sondersitzung des Nationalrats für Gemeinsamkeit. Die Opposition ließ dies kalt, die FPÖ ortete in einer Dringlichen Anfrage ein Versagen der Bundesregierung.
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Sondersitzung: Debatte über Atom-Ausstieg
Der von der Regierung beschlossene Aktionsplan enthält die Forderung nach umfassenden Sicherheitsüberprüfungen (Stresstests) aller europäischer Kernkraftwerke sowie die Forcierung von erneuerbarer Energie. Nach dem Beschluss meinte Faymann, man habe den Auftrag, die “Lügen” der Atomlobby aufzuzeigen. Im Zusammenhang mit dem Ausbau des tschechischen Atomkraftwerkes Temelin behalte sich Österreich “alle rechtlichen Schritte” vor.

Umweltminister Niki Berlakovich – er vertrat den erkrankten Vizekanzler Josef Pröll – erklärte, es müsse einen nationalen Schulterschluss geben, man solle “mit rot-weiß-roter Stimme” gegen die Atomenergie sprechen. “Wer jetzt nicht die Zeichen der Zeit verstanden hat, der hat nichts verstanden.” Faymann plädierte auch in der von der Opposition beantragten Sondersitzung für den Ausstieg, zweifelte aber an der Unterstützung etwa durch Frankreich oder Tschechien.

Dass von Einigkeit keine Rede sein konnte, zeigten die Abstimmungen in der Sitzung. Ein rot-schwarzer Entschließungsantrag zum Atomausstieg wurde nur mit Koalitionsstimmen angenommen, die insgesamt acht Oppositionsanträge – gegen verschiedene Risikoreaktoren, gegen Euratom und für Volksabstimmungen – blieben ohne Mehrheit.

In der Debatte davor sah FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache die Chance für Österreich, energieautark zu werden. In einer Dringlichen Anfrage an den Bundeskanzler warf die FPÖ der Regierung ein Versagen in der Anti-Atom-Politik vor, streifte dabei aber auch die Lobbyisten-Affäre rund um Ernst Strasser und schaffte sogar den Sprung zur Wehrpflichtdebatte. Faymann trat erst gar nicht zur Beantwortung an, er ließ sich durch Staatssekretär Josef Ostermayer vertreten.

Die Grüne Klubchefin Eva Glawischnig wollte die Regierung bei “echten Ausstiegsinitiativen” unterstützen, aber “nicht bei den Stresstests, das können sie allein machen mit der Atom-Lobby”. BZÖ-Klubchef Josef Bucher drängte auf einen Atom– und EURATOM-Ausstieg, den Stresstest verurteilte er als “Placebo”.

Kritik übten die Grünen – wie auch Strache und das BZÖ – an Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel wegen seiner Aufsichtsratstätigkeit beim deutschen Energiekonzern RWE, sie forderten erneut seinen Rücktritt. Vor der Sitzung hatte sich auch Faymann distanziert: “Jeder muss mit seinem eigenen Gewissen verantworten, welche Tätigkeit er ausübt.”

Nur die ÖVP nahm Schüssel in Schutz. “Wer, wenn nicht er hat eine Anti-Atompolitik nicht nur unterstützt, sondern betrieben, die uns europaweit endlich Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke brachte?”, fragte Klubobmann Karlheinz Kopf. Schüssel selbst ließ die Debatte mit stoischer Miene über sich ergehen, er meldete sich nicht zu Wort.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer sprach den Opfern der Erdbeben-und Atomkatastrophe das “tiefe Mitgefühl” der Parlamentarier aus und begrüßte den japanischen Botschafter Shigeo Iwatani. Vor Sitzungsbeginn demonstrierten rund 50 Atomgegner vor dem Parlament.

(APA)
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