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Umstrittene Kurse am Wiener AMS werden nach Kritik abgeschafft

Das Wiener AMS hat die Verträge mit einigen Kursanbietern nicht verlängert.
Das Wiener AMS hat die Verträge mit einigen Kursanbietern nicht verlängert. ©APA (Symbolbild)
Immer wieder haben die vom Wiener AMS angebotenen "Aktivierungskurse" für Kritik gesorgt: Egal ob man möchte oder nicht, musste man einen Bewerbungskurs von Unterlagen bis Präsentation, nur von einem Trainer unterrichtet und mit unterschiedlichsten Teilnehmern, absolvieren. Diese Kurse werden jetzt abgeschafft.
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Derzeit laufen die drei großen Aktivierungsprogramme “Rasch zum Job”, “Neu starten” und “ACE – Aktivierung, Coaching, EDV” noch, allerdings: “Obwohl diese Aktivierungskurse nur ein Fünftel unseres Angebots ausmachen, konzentriert sich hier die Kritik von Teilnehmern und Medien“, berichtete Petra Draxl, Geschäftsführerin des Wiener AMS am Montagabend vor Journalisten. Rund 300 Beschwerden zu AMS-Angeboten sind im Jahr 2012 eingegangen, etwa die Hälfte davon berechtigt, wie Draxl meinte. “Derzeit haben wir eine sehr starre Logik im Ablauf, deshalb wollen wir diesen Bereich auf völlig neue Füße stellen – Inhalt und Niveau müssen einfach passen.”

AMS-Chefin will mehr Flexibilität

Völlig neue Füße bedeuten für die AMS-Chefin vor allem mehr Flexibilität und Individualität. In Zukunft sollen Arbeitslose nach einer Beratung, die sie in Richtung Aktivierung führt, selbst entscheiden, welche Workshops sie in Anspruch nehmen und wie sie ihre bis zu sechs Wochen dauernde Aktivierungsphase aufteilen wollen. Das soll verhindern, dass Menschen für sie sinnlose oder bereits absolvierte Kurse besuchen müssen. Die Auswahl reicht dabei vom Bewerbungsunterlagen-Check über Gespräch- und Stimmtraining bis hin zu Präsentation oder dem Umgang mit Absagen. “Wir wollen mit etwa 20 verschiedenen Bausteinen beginnen”, erklärte Winfried Göschl, stellvertretender Geschäftsführer des AMS Wien.

Angebote werden nachgerüstet

Werden spezifische Leistungen nachgefragt, kann das AMS durchaus noch nachrüsten. Qualifizierung – wie etwa ein Sprachkurs oder ein Computerführerschein – wird in diesen Wochen aber keine Rolle mehr spielen, solche Angebote werden gänzlich in den weiterhin unverändert bestehenden Qualifizierungsweg ausgelagert. Von den 27.000 Menschen, die im Jahr 2012 Aktivierungskurse absolvierten, sollen allerdings nur 16.000 ins neue Programm (Arbeitstitel: AMS Jobwerkstatt – Personalberatung) wechseln – auch wenn bei guter Zufriedenheit grundsätzlich Platz für 24.000 Arbeitslose wäre. “Wir hoffen aber, dass andere Angebote wie etwa die Frauenberufszentren ebenso attraktiv sind”, erklärte Draxl.

16 Millionen Euro Budget

Das Budget bleibt gleich: 16 Millionen Euro stehen für die neue Jobwerkstatt zur Verfügung. Schlüsselstelle ist dabei allerdings weiterhin der Berater: Er muss gemeinsam mit dem Arbeitslosen entscheiden, welcher Weg – ob Aktivierung, rasche Vermittlung oder Qualifizierung – infrage kommt. “Die Aktivierung dient auf jeden Fall der unmittelbaren Arbeitsaufnahme”, betonte die AMS-Geschäftsführerin. Qualitativ hochwertige Beratung muss das AMS künftig aber verstärkt auslagern – denn die Personalkapazitäten werden knapp.

Verträge für Aktivierungskurse nicht verlängert

Die bestehenden Verträge mit den Trägern der derzeit geltenden Aktivierungskurse, also etwa Bildungsinstitute, wurden nicht verlängert. Im Moment wird an einem zweistufigen Ausschreibungsverfahren gearbeitet, das im November abgeschlossen sein soll. Insgesamt werden fünf neue Kurspakete ausgeschrieben, vier regional verknüpfte und eines für Maturanten und Akademiker. “Natürlich können sich die Träger wieder bewerben”, schilderte die Wiener AMS-Chefin. Allerdings hätten sich die Anforderungen deutlich geändert. Statt einem Trainer, der alles abdecke, brauche man nun etwa Spezialisten für jeden Bereich. Sie rechnet mit Trägerzusammenschlüssen für das neue Ausschreibungsverfahren: “Das hat gleich den positiven Effekt, dass sich die Träger untereinander ein bisschen kontrollieren.”

Beschwerden geht man nach

Aber auch bis November will die AMS-Geschäftsführung in Sachen Aktivierungskurse nicht untätig bleiben. “Wir gehen jeder Beschwerde nach”, versicherte Draxl. Mit Vor-Ort-Kontrollen werden etwa die Kursbedingungen oder die tatsächliche Anwesenheit des Trainers überprüft. Stellen sich die Vorwürfe als wahr heraus, stehen den Trägern Strafzahlungen zwischen 10.000 und 70.000 Euro ins Haus. Problematisch sei in dieser Hinsicht auch, dass Nachbesserungen oder Adaptierungen der Kurse durch das vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren derzeit nicht möglich seien, wie Göschl betonte. Unter anderem deshalb habe man die Verträge nicht verlängert.

100.000 Arbeitslose werden in Wien betreut

Insgesamt betreut das AMS Wien über 100.000 Menschen mit etwa 400 Angeboten – neben der Aktivierungsphase können Arbeitslose auch Beschäftigungsprojekte, die fachliche Qualifizierung (etwa ein Portugiesischkurs oder ein Staplerführerschein) und Grundkompetenzen wie etwa Alphabetisierung, Deutsch- oder Englischkurse oder EDV-Kurse in Anspruch nehmen. Das Jahresbudget beträgt 372 Millionen Euro. 55 Prozent der Wiener Arbeitslosen haben keine abgeschlossene Berufsausbildung, mehr als die Hälfte hat Migrationshintergrund. Nach einer absolvierten Aktivierung befindet sich nach einem halben Jahr etwa ein Drittel der Menschen wieder in einem Beschäftigungsverhältnis. (APA)

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