Seseljs einstige Vertraute Tomislav Nikolic und Aleksandar Vucic sind heute Präsident und Regierungschef. Er werde Verrätern nicht die Hände schütteln, ließ Seselj Medien gegenüber auf dem Flug nach Belgrad wissen. Mehrere hundert Anhänger des Ultranationalisten versammelten sich am Mittwoch zu seiner Begrüßung auf dem Flughafen.
Das UNO-Kriegsverbrechertribunal verfügte die Freilassung Seseljs aus “humanitären Gründen”. Der Angeklagte hatte sich Ende 2013 einer Darmkrebsoperation unterzogen, kürzlich wurden Metastasen an der Leber festgestellt. Seine Priorität in Serbien gelte allerdings der Politik, nicht seiner ärztlichen Behandlung, betonte Seselj nun.
Seselj hatte sich im Februar 2003 dem UNO-Tribunal gestellt. Er hat sich wegen schwerer Kriegsverbrechen zu verantworten. Er war laut Anklage daran beteiligt, Nicht-Serben aus Teilen Kroatiens, Bosnien-Herzegowinas und der serbischen Provinz Vojvodina zu beseitigen. Der im November 2007 begonnene Prozess lief bis März 2012. Die Ankläger forderten 28 Jahre Haft für den Ultranationalisten. Dieser tat die Anklage als einen “Haufen von Sätzen ohne Zusammenhang” ab. Ein Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.
Das UNO-Tribunal hat Seselj angewiesen, in seiner Heimat keinen Kontakt zu Zeugen oder Kriegsopfern aufzunehmen. Außerdem muss er zur Urteilssprechung nach Den Haag zurückkehren.
Parteifreunde Seseljs von der Serbischen Radikalen Partei (SRS) wollten seine Rückkehr am Samstag mit einer Großkundgebung in Belgrad feiern. Die SRS liegt heute nur noch bei etwa zwei Prozent, sie ist nicht mehr im Parlament vertreten.
Viele ehemalige SRS-Anhänger haben schon vor Jahren das Lager gewechselt. Sie gehören der von Nikolic und Vucic gegründeten und seit 2012 regierenden Serbischen Fortschrittspartei an, die einen EU-Beitritt befürwortet. Angesichts einer hohen Arbeitslosigkeit, der schwierigen Wirtschaftslage und der sozialen Unzufriedenheit könnte es Seselj gelingen, alte Sympathisanten wieder auf seine Seite zu ziehen.
Präsident Nikolic hat die Rückkehr seines frühen Partei- und privaten Freundes nicht kommentiert. Premier Vucic wünschte Seselj eine rasche Genesung. Arbeitsminister Aleksandar Vulin warnte hingegen vor einer Destabilisierung durch die Anwesenheit des mutmaßlichen Kriegsverbrechers.
Aus Sicht seiner Anhänger hat Seselj durch die Rückkehr, ohne verurteilt worden zu sein, das UNO-Tribunal “besiegt”. “Seselj, serbischer Held” und “Sieger” hieß es ganz in diesem Sinne auch auf Plakaten seines Begrüßungskomitees am Flughafen.