AA

Ukrainischer Botschafter kritisiert österreichische Russland-Politik

Wassyl Chymynez appellierte an Österreich, einen russischen Energie-Boykott zu unterstützen.
Wassyl Chymynez appellierte an Österreich, einen russischen Energie-Boykott zu unterstützen. ©APA/TOBIAS STEINMAURER
Die österreichische Russland-Politik wird vom ukrainische Botschafter in Österreich, Wassyl Chymynez, kritisiert, vor allem die große Energie-Abhängigkeit. Er appellierte, einen Energie-Boykott zu unterstützen.

Der ukrainische Botschafter in Österreich, Wassyl Chymynez, sieht die Zukunft seines Landes in der NATO. "Die Neutralität ist eindeutig keine Option für die Ukraine", sagte er in einem Interview mit der "Presse" (Freitag-Ausgabe).

"Auch jetzt wollen uns Putin-Versteher in Österreich und Deutschland weismachen, die Ukraine dürfe nie der NATO beitreten, weil wir sonst (Russlands Präsident Wladimir) Putin provozieren", kritisierte der Diplomat.

Nehammer-Besuch bei Putin machte keine Hoffnung

Den Besuch von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Moskau bewerte die Ukraine als "Versuch, einen Beitrag zu leisten, um das Leid der Menschen in der Ukraine zu lindern. Große Hoffnungen hatten wir nicht", sagte Chymynez. Erfahren habe er von der Reise kurz vor Nehammers Besuch in Kiew. "Man hat ihm dort zu verstehen gegeben, dass von einer Visite bei Putin kaum etwas zu erwarten ist. Es war klar, dass Putin eine große neue Offensive vorbereitet und nicht dialogbereit ist."

Gaspipeline Nord Stream 2 "strategischer Fehler"

Die - mittlerweile von Deutschland auf Eis gelegte - Gaspipeline Nord Stream 2 bezeichnete der Botschafter als strategischen Fehler. "Mit dieser Entscheidung, die gegen die Ukraine gerichtet war, haben Deutschland und Österreich Europa geschwächt und Putin gestärkt." Er verlange eine vollständige Beendigung des Projekts, so Chymynez.

Kritik an österreichischer Russland-Politik

Die österreichische Russland-Politik kritisierte der Diplomat ebenfalls. "Österreich beging einen Fehler, als es nach der Annexion der Krim dieses Völkerrechtsverbrechen ignorierte, Russland weiter hofierte und sich in noch größere Energie-Abhängigkeit begab (...) Wenigstens schweigen jetzt die Leute, die noch vor wenigen Wochen Russland unterstützt haben." Zur früheren Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ), die Putin zu ihrer Hochzeit eingeladen hatte, meinte der Diplomat, sie "diskreditiert sich selbst und ist nicht ernst zu nehmen".

Seit Beginn des Kriegs habe sich Österreich aber klar positioniert. "Das ist wichtig für uns. Wir erwarten vom neutralen Österreich keine Waffenlieferungen, aber starke Finanz- und Wirtschaftshilfe. Und diese Hilfe kommt auch." Bei seinem Besuch in Kiew habe der Bundeskanzler Löschfahrzeuge, Rettungsfahrzeuge und Diesel zugesagt. "Ich bin überzeugt, dass uns die Bundesregierung weiterhin helfen wird. Ich bin auch sehr dankbar für die Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit der österreichischen Bevölkerung. In Österreich sind bisher mehr als 50.000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen worden."

Appell zu russischem Energie-Boykott

Chymynez appellierte an Österreich, einen russischen Energie-Boykott zu unterstützen. "Putins Regime verdient mit den Energieexporten jeden Tag Millionen Euro, die es direkt in den Krieg steckt. Dieses Geld hilft Putin, die Menschen in der Ukraine zu töten. Energiesanktionen müssen kommen, um ein Kriegsende herbeizuführen. Damit müssen sich Europa und Österreich ernsthaft auseinandersetzen."

Internationale Firmen wie die Raiffeisenbank rief der Botschafter auf, sich aus Russland zurückzuziehen. "Sie unterstützen Putins Regime, indem sie Steuern zahlen, die dann auch für den Krieg verwendet werden. Die Raiffeisenbank prüft angeblich, den russischen Markt zu verlassen. Doch die Prüfung dauert leider noch. Raiffeisen verdient in Russland Geld, das mit Blut beschmiert ist."

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Ukrainischer Botschafter kritisiert österreichische Russland-Politik
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen