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Ukrainische Diaspora marschierte in Wien

Ukrainische Diaspora marschierte an Banderas Geburtstag in Wien.
Ukrainische Diaspora marschierte an Banderas Geburtstag in Wien. ©AP Photo/Bernat Armangue
Etwa 100 Angehörige der ukrainischen Diaspora sind Sonntagnachmittag in Wien ohne Zwischenfälle vom Parlament zur russischen Botschaft gezogen und haben dabei an den 114. Geburtstag des umstrittenen ukrainischen Nationalistenführers Stepan Bandera erinnert.

Kritik am Umzug hatte es bereits im Vorfeld gegeben: "Landsleute" aus dem Umfeld der russischen Botschaft hatten die Ankündigung dieser Demonstration als "erschreckende Nachricht" bezeichnet.

Ukrainische Diaspora marschierte am Sonntag in Wien

"Wir haben uns hier nicht nur versammelt, um an den Geburtstag dessen zu erinnern, der mehr als 60 Jahre nach seinem Tod weiterhin die Russen ins Angst versetzt", erklärte zum Auftakt der Demonstration vor dem Parlament einer der Organisatoren, Mychajlo Karioti. Es gehe auch darum, von russischer Propaganda beeinflusste Österreicher und andere darüber zu informieren, dass diese Ukrainer keine Kollaboteure der Nationalsozialisten gewesen seien.

Über Stepan Bandera

Bandera sei für die Ermordung des polnischen Innenministers Bronisław Pieracki 1934 zu lebenslanger Haft verurteilt worden und erst zu Beginn des 2. Weltkriegs wieder freigekommen, referierte Karioti. Mit ihrer anfänglichen Kooperation mit der deutschen Wehrmacht hätten Anhänger von Bandera lediglich das Ziel verfolgt, einen unabhängigen ukrainischen Staat zu errichten. "Als die Ukrainer aber sahen, wie der Nazismus wirklich aussieht und er sich nicht vom Kommunismus unterscheidet, begannen sie auch gegen den Nationalsozialismus zu kämpfen", erzählte der Aktivist und betonte, dass Bandera in Folge im KZ Sachsenhausen von den Nazis inhaftiert wurde und nach 1941 nicht mehr in die Ukraine zurückgekehrt sei. Brüder Banderas seien im KZ Auschwitz getötet, sein Vater 1941 von den Sowjets umgebracht und Schwestern von ihm später nach Sibirien deportiert worden, erzählte Karioti. Bandera selbst wurde bekanntlich 1959 in München im Auftrag des KGB ermordet.

Karioti verwehrte sich gleichzeitig dagegen, dass die von ukrainischen Nationalisten und die von der Ukrainischen Aufstandsarmee UPA verwendete rot-schwarze Fahne faschistisch wären. Derartige Fahnen seien in der Ukraine bereits seit Ende des 1. Weltkriegs in Gebrauch gekommen.

Demonstranten marschierten über den Wiener Ring

Mit einigen rot-schwarzen Fahnen, einer einzigen Fackel, jedoch ohne Porträt von Stepan Bandera, das ukrainische Rechtsradikale bei ihren traditionellen Märschen am 1. Jänner stets mitführen, marschierten die Demonstranten in Folge über den Ring zur russischen Botschaft in der Reisnerstraße. Eine Sängerin interpretierte zwei traditionelle Kampflieder der Bandera-Bewegung, deren Texte den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern sichtlich unbekannt waren. Gemeinsam intoniert wurde freilich "Unser Vater ist Bandera, die Ukraine unsere Mutter und für die Ukraine werden wir kämpfen", ein bekannter Rocksong aus dem Jahr 2019, der zuletzt als provokante Kampfansage gegen Russland verwendet wurde. In Wurfweite der russischen Botschaft fand schließlich eine Abschlusskundgebung statt, bei der bekannte Slogans skandiert wurden.

Vertreter der russischen Botschaft traten am Sonntag nicht in Erscheinung, die Botschaft reagierte, womöglich urlaubsbedingt, zunächst auch nicht auf diesen ersten ukrainischen Marsch am Geburtstag von Stepan Bandera in Wien. Freilich hatte bereits am Freitag der "Koordinationsrat der Organisation russische Landsleute" (KSORS) auf Facebook über eine "inakzeptable Verherrlichung des Nationalsozialismus" geklagt. Unter der "rot-schwarzen Bandera-Fahne" seien Massaker in Wolhynien und Ostgalizien durchgeführt, Judenpogrome verübt und andersdenkende Ukrainer ausgerottet worden, hatte KSORS erklärt. Zudem seien Anhänger der Organisation ukrainischer Nationalisten sowie faschistische Schläger unter dieser Flagge marschiert, hieß es.

(aPA/Red)

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