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Ukraine: Tschernobyl von Russland eingenommen

Ukrainischer-Regierungsberater: Tschernobyl von Russen eingenommen.
Ukrainischer-Regierungsberater: Tschernobyl von Russen eingenommen. ©APA/AFP (File)
Die russische Armee hat nach Angaben der ukrainischen Regierung am Donnerstagabend das Gebiet des zerstörten Atomreaktors von Tschernobyl eingenommen.
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Russland hat bei seinem Großangriff auf die Ukraine nach Angaben eines westlichen Geheimdienstvertreters die "vollständige Lufthoheit" über die Ukraine erlangt.

Geheimdienst: Russland hat vollständige Lufthoheit

Die Ukraine verfüge nun über keinerlei Luftabwehrkapazitäten mehr, sagte der Geheimdienstvertreter am Donnerstag in Brüssel. Nun wolle die russische Armee eine "überwältigende Macht" rund um die Hauptstadt Kiew zusammenziehen. Zuvor eroberte Russland laut ukrainischen Angaben das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl.

Tschernobyl von Russen erobert

"Leider muss ich mitteilen, dass die Zone um Tschernobyl, die sogenannte Sperrzone, und alle Anlagen des Atomkraftwerks Tschernobyl unter der Kontrolle bewaffneter russischer Gruppen sind", sagte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal am Donnerstag nach Angaben der Agentur Unian. Die ukrainische Hauptstadt Kiew liegt nur knapp 70 Kilometer entfernt.

"Nach schwerem Kampf wurde die Kontrolle über Tschernobyl verloren", meinte ein ukrainischer Präsidentenberater. Es sei unklar, in welchem Zustand die Anlage sei. "Dies stellt heute eine der ernsthaftesten Bedrohungen für Europa dar." Er warnt vor Provokationen der russischen Seite. Zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj berichtet, es gebe Gefechte in der Region. Von russischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung.

Putin warnte vor Atomwaffen in der Ukraine

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte davor gewarnt, dass in der Ukraine angeblich Atomwaffen hergestellt werden könnten. "Wir wissen, dass es bereits Berichte gab, die Ukraine wolle ihre eigenen Atomwaffen herstellen. Das ist keine leere Prahlerei", sagte der Kremlchef etwa am vergangenen Montag in einer Fernsehansprache. "Die Ukraine verfügt tatsächlich immer noch über sowjetische Nukleartechnologien und Trägersysteme für solche Waffen."

Das Unglück von Tschernobyl am 26. April 1986 gilt als die größte Katastrophe in der zivilen Nutzung der Atomkraft. Hunderttausende Menschen wurden zwangsumgesiedelt. Damals gehörte die Ukraine noch zur Sowjetunion. Im vergangenen Sommer war ein neues Atommüllzwischenlager in der radioaktiv verseuchten Sperrzone um Tschernobyl eingeweiht worden. Mit dem Lager wollte Kiew seine Abhängigkeit von Russland im Atommüllbereich beenden. Im Zuge des 2017 begonnenen Baus wurden etwa 43 Kilometer Eisenbahnstrecke im radioaktiv belasteten 30-Kilometer-Sperrgebiet instand gesetzt.

Alle Anlagen in Tschernobyl unbeschädigt

Wie das Klimaschutzministerium in Wien der APA mitteilte, sind laut einer offiziellen Meldung der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde via IAEA dabei alle Anlagen unbeschädigt geblieben. Zudem seien keine Opfer vermeldet worden, hieß es. Die Strahlenschutzabteilung des Klimaschutzministeriums beobachte die Lage genau. Im Falle des Kernkraftwerks Tschernobyl seien alle Reaktoren seit über 20 Jahren stillgelegt. Darum könne eine nukleare Kettenreaktion ausgeschlossen werden. Für Österreich bestehe somit "keine Gefahr."

57 Menschen in der Ukraine bei Angriffen getötet

Nach Angaben des ukrainischen Gesundheitsministers Oleh Ljaschko wurden durch russische Angriffe am Donnerstag 57 Menschen getötet und 169 weitere verletzt. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte, die ukrainische Armee halte Stand, aber man brauche die Hilfe der Welt. Der Verteidigungsminister sagte, Russland bereite eine neue Angriffswelle vor, dazu gehörten auch Luftangriffe.

Russische Truppen sollen Schlangeninsel erobert haben

Unterdessen sollen russische Truppen haben nach Angaben der Ukraine die Schlangeninsel im Schwarzen Meer erobert haben. Der Kontakt zum Grenzschutz und Soldaten dort sei abgerissen, teilte der Grenzschutzdienst am Abend mit. Den ganzen Tag über habe "der Feind" die Insel umstellt und mit Schiffskanonen beschossen. Sie ist eine der wenigen Inseln, welche die Ukraine besitzt. Sie ist vor allem für Anrechte auf Bodenschätze im Meer strategisch wichtig und war lange zwischen Rumänien und der Ukraine umstritten. Die kleine Schlangeninsel war Anfang der 2000er Jahren Gegenstand eines gütlich beigelegten Territorialstreits zwischen Rumänien und der Ukraine.

Ukraine soll auch in Richtung Russland gefeuert haben

Zu Vorfällen soll es auch auf russischer Seite gekommen sein. In der Region Belgorod in der Nähe der ukrainischen Grenze waren mehrere Explosionen zu hören. Russische Ermittler sprechen von einem Beschuss von der Ukraine aus. Drei Menschen seien dabei verletzt worden, so die Angaben.

Russisches Militärflugzeug abgestürzt: Tote

Am Abend stürzte nach Angaben der Agentur Interfax ein russisches Militärtransportflugzeug ab. Die Besatzung an Bord der Maschine vom Typ AN-26 sei ums Leben gekommen, hieß es unter Berufung auf Militärbeamte. Der Unfall könne durch ein technisches Versagen verursacht worden sein, wurde mitgeteilt.

(APA/Red)

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