Tag 15 im Ukraine-Krieg: Kiew zeigt sich für Großangriff gerüstet

"Kiew ist in eine Festung verwandelt worden", sagte Bürgermeister Vitali Klitschko im ukrainischen Fernsehen. Unterdessen gab es weiter Bemühungen Zivilisten aus den umkämpften Gebieten zu evakuieren. In der belagerten Stadt Mariupol dürfte dies jedoch erneut gescheitert sein.
Tag 15 im Ukraine-Krieg: Kiew zeigt sich für Großangriff gerüstet
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs setzten die russischen Streitkräfte in der Nacht auf Donnerstag ihre "offensive Operation" zur Einkesselung der Hauptstadt fort. AFP-Reporter sahen, wie gepanzerte russische Fahrzeuge am Nordostrand von Kiew auffuhren. Ukrainische Soldaten berichteten von schweren nächtlichen Gefechten um die Kontrolle über die Hauptzufahrtsstraße zur Hauptstadt.
Klitschko: "Das Hauptziel der Russen ist, Kiew zu erobern"
"Das Hauptziel der Russen ist, Kiew zu erobern", sagte Bürgermeister Klitschko. Auch die Regierung solle gestürzt werden. "Ich möchte sagen, dass diese Pläne nicht umgesetzt werden", meinte er. "Jede Straße, jedes Gebäude, jeder Kontrollpunkt sind verstärkt worden", sagte Klitschko im ukrainischen Fernsehen. "Kiew ist in eine Festung verwandelt worden." Laut Klitschko flüchteten seit Kriegsbeginn bereits knapp zwei Millionen Bewohner aus der Hauptstadt: "Nach unseren Informationen hat einer von zwei Bewohnern von Kiew die Stadt verlassen." Im Großraum Kiew lebten vor dem Krieg rund 3,5 Millionen Menschen.
Russische Truppen belagern ukrainische Hafestadt Mariupol
Auf die von russischen Truppen belagerte ukrainische Hafenstadt Mariupol gab es am Donnerstag nach Angaben des Stadtrats neue Luftangriffe. In der Nähe eines Wohnhauses seien Bomben abgeworfen worden, teilte der Stadtrat zu Mittag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Die Technische Universität in der Nähe des Stadtzentrums sei getroffen worden. Angaben zu Opfern lagen zunächst nicht vor. Auf einem Video waren Einschläge zu sehen. Ein Platz war übersät mit Trümmern.
Aus der Stadt Isjum im Osten des Landes seien etwa 2.000 Menschen gerettet worden, sagte der Leiter des Gebiets Charkiw, Oleh Synjehubow, auf Facebook. 44 Busse seien im Einsatz gewesen, um Bewohner in sichere Regionen zu fahren. Ebenso werde versucht, Menschen aus Isjum im Gebiet Charkiw und den belagerten Städten Mariupol und Wolnowacha im Donezker Gebiet in sichere Regionen zu bringen.
Weitere Evakuierungen von Zivilisten in der Ukraine geplant
Die Ukraine plante am Donnerstag weitere Evakuierungen von Zivilisten aus den umkämpften Städten im Norden und Osten des Landes sowie der Hauptstadt Kiew. Im Fokus der Evakuierungen sollte einmal mehr die Stadt Sumy im Nordosten liegen. Bewohner seien bereits in bereitgestellte Kleinbusse gestiegen, teilten Regierungsvertreter mit. Zahlen wurden zunächst nicht genannt. Angaben von Wereschtschuk war mit der russischen Seite die Öffnung eines Fluchtkorridors ab dem Morgen vereinbart worden. Schon mehrere Anläufe zur Rettung der Bewohner mussten abgebrochen werden. Beide Seiten gaben sich gegenseitig die Schuld.
Evakuierung in Mariupol dürfte neuerlich gescheitert sein
Abermals gescheitert sind dagegen Rettungsaktionen in der Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer. "Mariupol bleibt sowohl für die Evakuierung von Menschen als auch für humanitäre Hilfe vollständig blockiert", sagte die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk der Agentur Ukrinform zufolge. Wegen Kämpfen direkt auf der Fluchtroute seien Lastwagen mit humanitärer Fracht nach Saporischschja zurückgekehrt. "Es ist der vierte Tag, an dem wir kein Wasser, keine Medikamente und keine Lebensmittel liefern können."
Treffen der Außenminister der Ukraine und Russland ergebnislos
Auch ein erstes Treffen der Außenminister der Ukraine und Russlands brachte am Donnerstag keine Fortschritte. Der ukrainische Chefdiplomat Dmytro Kuleba setzte sich nach eigenen Worten beim Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in der türkischen Hafenstadt Antalya vergeblich für eine 24-stündige Feuerpause ein: "Wir haben über eine Waffenruhe gesprochen, aber in dieser Hinsicht wurde kein Fortschritt erzielt." Lawrow kündigte an, dass Russland die Verhandlungen mit der Ukraine fortsetzen wolle, ließ aber ein erneutes Treffen mit Kuleba offen.
Scholz und Macron sprachen telefonisch mit Wladimir Putin
Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron sprachen telefonisch mit Russlands Staatschef Wladimir Putin über die Lage. Demnach drangen Scholz und Macron auf eine sofortige Waffenruhe. Die drei Politiker hätten beschlossen, in den nächsten Tagen in engem Kontakt miteinander zu bleiben, hieß es in Regierungskreisen in Berlin.
(APA/Red)