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Ukraine-Experte: Einsatz chemischer Waffen könnte Wehrwillen brechen

Ein Arbeiter in Schutzkleidung hält eine Attrappe einer chemischen Granate bei einer GEKA-Präsentation im deutschen Münster.
Ein Arbeiter in Schutzkleidung hält eine Attrappe einer chemischen Granate bei einer GEKA-Präsentation im deutschen Münster. ©REUTERS/Fabrizio Bensch
Seit Tagen warnen westliche Politiker vor dem Einsatz chemischer Waffen in der Ukraine.
Warnung vor russischen Massenvernichtungswaffen
Johnson warnt vor russischem Einsatz chemischer Waffen

Offiziell hat Russland keine Chemiewaffen und ist der Chemiewaffenkonvention verpflichtet. Die Realität sieht allerdings anders aus. So sind etwa in Syrien - vermutlich mit Unterstützung Russlands - Chemiewaffen zum Einsatz gekommen. Auch der Giftanschlag auf den russischen Kremlkritiker Alexej Nawalny erzählt etwas anderes, erklärt Oberst Berthold Sandtner, ABC-Experte des Bundesheeres.

Einsatz chemischer Waffen könnte Wehrwillen brechen

Der Zweck eines solchen Einsatzes wäre es in erste Linie, den Wehrwillen sowohl der Soldaten als auch der Zivilbevölkerungen und damit der ukrainischen Regierung zu brechen. In Syrien seien chemische Kampfstoffe mit dem gleichen Ziel gegen Rebellen eingesetzt worden. Und viele der in Syrien eingesetzten russischen Kommandeure seien nun auch in der Ukraine und setzten vermutlich gleiche Taktiken ein, erläutert Sandtner, der an der Landesverteidigungsakademie in Wien lehrt, im Gespräch mit der APA am Freitag. Der Befehl zu einem solchen Einsatz würde allerdings von ganz oben kommen, "und sicher nicht von irgendeinem Kommandeure am Feld getroffen werden", so Sandtner.

Niemand weiß, welche Kampfstoffe zum Einsatz kommen könnten

Welche Kampfstoffe genau zum Einsatz kommen könnten, weiß niemand so genau. Offiziell gibt es diese Waffen nicht. Zu Zeiten der Sowjetunion seien Chemiewaffen Teil der russischen Verteidigungsdoktrin gewesen, in den 90ern habe Russland aber offiziell alle seine Chemiewaffen (es waren 40.000 Tonnen) vernichtet und die Chemiewaffenkonvention ratifiziert, so Sandtner.

Unterteilung in atomare, biologische und chemische Waffen

Chemiewaffen gehören zu den sogenannten Massenvernichtungswaffen. Davon gibt es drei Arten: Atomar/nukleare Waffen, biologische Waffen und eben chemische Waffen. Bei den chemischen Kampfstoffen unterschiedet man zwischen Nervenkampfstoffen, die zu einer Verkrampfung der Muskulatur führen; Hautkampfstoffen, die die Haut großflächig zerstören; Blut- und Lungenkampfstoffen, die die Atmung behindern, Psychokampfstoffe, die psychische Störungen (etwa Halluzinationen) verursachen und Reizkampfstoffen wie etwa Tränengas.

Unterscheidung von sesshaften und flüchtigen Kampfstoffen

Die zweite Unterscheidung betrifft die Dauer der Wirkung: Es gibt sesshafte und flüchtige Kampfstoffe. Die ersten bleiben und machen den Wirkungsbereich lange unbrauchbar. Die flüchtigen Kampfstoffe verschwinden schnell und sind oft nicht mehr nachweisbar, erklärt der Experte. Ein Angriff mit chemischen Waffen müsse aber nicht unbedingt mit einer speziellen Waffe durchgeführt werden, es könnten auch Chemiefabriken bewusst attackiert werden, um Giftstoffe freizusetzen, so Sandtner. Der erste große Einsatz solcher Waffen fand im Ersten Weltkrieg statt. Die Folgen waren so verheerend, dass man sich im Zweiten Weltkrieg damit weitgehend zurückgehalten habe, erklärt der Experte.

Biologische Kampfstoffe sind virale oder bakterielle Krankheitserreger

Die biologischen Kampfstoffe sind wiederum virale oder bakterielle Krankheitserreger. Sie hätten die gleiche Bedeutung und könnte ebenfalls ohne spezielle Waffen ausgelöst werden. Ein Beispiel wäre das Vergiften des Trinkwassers durch Tierkadaver. Das große Problem dieser Kampfstoffe sei die Tatsache es, dass sie schwer kontrollierbar seien.

(APA/Red)

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