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UG-Novelle bringt viele Änderungen - und viel Kritik

Die UG-Novelle bringt viele Änderungen und viel Kritik mit sich.
Die UG-Novelle bringt viele Änderungen und viel Kritik mit sich. ©APA/ROLAND SCHLAGER
Auf das Universitätsgesetz kommt eine große Novelle zu. Diese bringt nicht nur viele Änderungen, sondern auch viel Kritik.

Mit der größten Novelle des Universitätsgesetzes (UG) seit dessen In-Kraft-Treten vor knapp 20 Jahren soll an zahlreichen Details des Regelwerks gedreht werden - betroffen sind praktisch alle zentralen Bereiche von Studien- über Organisations- bis zum Personalrecht. Dementsprechend breitgefächert und zahlreich ist die Kritik im Rahmen des Begutachtungsverfahrens, das am heutigen Freitag endet.

Mindeststudienleistung wurde heftig diskutiert

Am meisten diskutiert wurde die Einführung einer Mindeststudienleistung für künftige Studienanfänger. Sie sollen in den ersten beiden Jahren mindestens 24 ECTS erbringen müssen - zum Vergleich: Studiert man in der Regelstudienzeit, wäre für vier Semester die fünffache Studienleistung vorgesehen. Kritik daran kommt naturgemäß von der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH): "Durch diese Maßnahme wird einerseits verhindert, dass sich Studierende eingehend mit dargebrachten Studieninhalten in einem jeweils individuellen Lerntempo auseinandersetzen können, andererseits werden die Lebensrealitäten der Studierenden mit Berufstätigkeit, Betreuungspflichten, psychische Konstitution und soziale Absicherung vollkommen außer Acht gelassen", heißt es in ihrer Stellungnahme. Die vorgeschlagene Maßnahme baue "einseitigen Leistungsdruck" auf, verstärke negativen Stress und zeige keine Aspekte der Förderung oder Unterstützung im Studienfortgang.

Aber auch die - aus Professoren, Mittelbau, Studenten und allgemeinem Personal - bestehenden Senate lehnen die Mindeststudienleistung ab. Begrüßt wird sie dagegen vor allem von den Rektoraten: Die Universitätenkonferenz (uniko) sieht damit eine langjährige Forderung umgesetzt - vereinzelt kommen aber auch Bedenken. Das Rektorat der Musik-Uni Wien will etwa die Kunstunis davon ausnehmen: Dort gebe es einerseits ohnehin schon eine hochselektive Zulassungsprüfung und andererseits genug Mechanismen, um einen ausreichenden Studienfortschritt sicherzustellen. Ganz generell sehen die Rektorate und Senate der Kunstunis die Mindeststudienleistung kritisch: Diese bedeute eine "Abkehr vom universitären Bildungsbegriff einer aufgeklärten Wissensgesellschaft", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. Auf jeden Fall zu weit geht auch der uniko die in der Novelle vorgesehene Sanktion einer zehnjährigen Sperre bei Nichterreichen der Mindestleistung - zwei Jahre seien ausreichend.

Gelten soll die Mindeststudienleistung für alle Studienanfänger ab dem Wintersemester 2021/22. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) will sich aber eine mögliche Verschiebung aufgrund der Corona-Pandemie "genau ansehen", sagte er im "Standard" (Freitag-Ausgabe).

Kompetenzverschiebung brachte ebenfalls viel Widerstand mit sich

Widerstand gibt es auch gegen zahlreiche Kompetenzverschiebungen im Gefüge der drei universitären Leitungsgremien Rektorat, Senat und Unirat. Am klarsten zeigt sich das bei der schon jetzt möglichen Wiederbestellung von Rektoren ohne Ausschreibung. Diese ist derzeit nur mit jeweils Zwei-Drittel-Mehrheit von Senat und Uni-Rat möglich. Künftig soll für die erste Wiederbestellung lediglich die Zustimmung des Uni-Rats nötig sein. Die Senate würden damit die Möglichkeit verlieren, einen Rektor wieder "loszuwerden". Dementsprechend deutlich fiel die Kritik daran aus - überraschend dabei ist, dass selbst die uniko diesen Punkt ablehnt und auch manche Uniräte keinen Grund für eine Änderung sehen.

Gestaltung der Studienpläne als Gegenstand der Kritik

Ein weiterer häufig genannter Kritikpunkt betrifft die Gestaltung der Studienpläne. Auch hier sollen die Senate in ihrer Zuständigkeit beschnitten werden und Rektorate eine Art Richtlinienkompetenz bekommen - besonders umstritten ist der Passus, dass Rektoren "aufgrund der Leistungsvereinbarungen" mit dem Ministerium Richtlinien zur strukturellen Gestaltung von Studienplänen erlassen können sollen. Hier befürchten sogar die Rektoren eine Art "Weisungskette" vom Ministerium in die Curricula - wobei sie die grundsätzliche Richtlinienkompetenz (ohne Verweis auf die Leistungsvereinbarungen) aber durchaus gerne hätten.

Abgelehnt wird dieser Punkt naturgemäß von den Senaten. Unter anderem gibt es hier auch rechtliche Bedenken. So sei etwa eine "gravierende Schwächung des Senats" mit der verfassungsrechtlich abgesicherten Universität als autonomer "Stätte freier wissenschaftlicher Forschung und Lehre" unvereinbar, so die Verfassungsjuristin Anna Gamper (Uni Innsbruck). "Soll die Universität ihrem Verfassungsauftrag nach eine selbstverwaltungsähnliche Anstalt sein, an der die Freiheit von Forschung und Lehre gewährleistet wird, ist eine maßgebliche demokratische Partizipation der Universitätsangehörigen an allen universitären Kernaufgaben unabdingbar und sachlich geboten."

Neuregelung der Kettenverträge sorgte ebenfalls für Unmut

Die dritte Hauptrichtung der Kritik betrifft die geplante Neuregelung der Kettenverträge: Grundsätzlich ist so eine mehrmalige Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen ohne sachliche Rechtfertigung nicht zulässig - im UG wird davon seit jeher eine Ausnahme gemacht. Mit der Novelle sollen die Regelungen auf eine neue Basis gestellt werden - was aber etwa die Gewerkschaft auch aufgrund zahlreicher Ausnahmebestimmungen als nicht gelungen ansieht. Von vielen Seiten werden aber auch die Kettenverträge an sich abgelehnt: Vielmehr sollte auf unbefristete Verträge umgestellt werden. Nachteil: Diese wären dann allerdings unter Einhaltung bestimmter Fristen jederzeit kündbar.

Altersdiskriminierung bei Detailregelung geortet

Neben den Hauptstoßrichtungen gibt es auch Kritik an Detailregelungen: So sollen etwa Rektoren künftig mit 70 Jahren aus dem Amt scheiden müssen. Bei diesem Punkt wird vielfach Altersdiskriminierung geortet.

In einem Punkt soll es übrigens fix eine Änderung des Entwurfs geben. Derzeit sind aktive politische Funktionäre von einer Mitgliedschaft im Universitätsrat ausgeschlossen - durch die Novelle hätte dieser Ausschluss allerdings auf die "Bundes- und Landesebene" eingeschränkt werden sollen. Als Folge hätten etwa die Bürgermeister von Graz, Innsbruck, Salzburg oder Linz durchaus in Uni-Räte entsandt werden können. "Das kommt so nicht", betonte Faßmann im "Standard". "Meine Absicht ist es, die Politik aus den Uniräten herauszuhalten".

(APA/Red)

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