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Über 16 Prozent der Frauen in Österreich erleben Gewalt in der Beziehung

16 Prozent aller Frauen in Österreich waren bereits Opfer von Gewalt durch ihren Partner.
16 Prozent aller Frauen in Österreich waren bereits Opfer von Gewalt durch ihren Partner. ©APA/HANS KLAUS TECHT (Symbolbild)
16,14 Prozent der in Österreich lebenden Frauen, die in einer intimen Partnerschaft sind oder waren, sind Opfer einer Form von körperlicher und/oder sexueller Gewalt in einer Partnerschaft geworden.

Das geht aus einer Studie von Statistik Austria hervor, die soeben veröffentlicht wurde. Außerhalb von intimen Partnerschaften hat mehr als jede vierte Frau (26,61 Prozent) nach ihrem 15. Geburtstag eine Form von sexueller und/oder körperlicher Gewalt erfahren.

Über 16 Prozent der Frauen erleben Gewalt in der Beziehung

Die Studie "Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen in Österreich 2021" wurde von Eurostat und dem Bundeskanzleramt in Auftrag gegeben. Es geht darin speziell um Gewalt, die Frauen erfahren bzw. um Gewalt, die sie überproportional häufig betrifft, in und außerhalb von Partnerschaften, durch Stalking, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und Gewalt in der Kindheit. Die Daten sollen erstmals Ergebnisse zu den Opfern liefern und eine wichtige Ergänzung zur amtlichen "Polizeilichen Kriminalstatistik" darstellen, die polizeilich gemeldete Fälle erfasst, sowie zur "Gerichtlichen Kriminalstatistik", die verurteilte Fälle abbildet.

8,7 Prozent aller Frauen wurden von ihrem Partner vergewaltigt

Detailergebnisse aus der Erhebung: 8,70 Prozent aller Frauen in Österreich sind (seit ihrem 15. Geburtstag) in einer intimen Beziehung und/oder von einer anderen Person vergewaltigt worden. 20,92 Prozent waren von einer anderen Form von sexueller Gewalt betroffen. 21,88 Prozent haben Stalking erlebt. 26,59 Prozent der Frauen, die erwerbstätig sind oder es einmal waren, haben sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren. Von sexueller Gewalt (inklusive Vergewaltigung) in der Kindheit, das heißt Mädchen jünger als 15 Jahre, waren 7,05 Prozent betroffen, 1,85 Prozent sind Opfer einer Vergewaltigung geworden.

Rund 24 Prozent der Frauen erlebten körperliche Gewalt

Zur Gewaltprävalenz gegen Frauen generell halten die Studienautorinnen und -autoren fest: "23,47 Prozent der Frauen zwischen 18 und 74 Jahren in Österreich haben ab dem Alter von 15 Jahren körperliche Gewalt innerhalb oder außerhalb von intimen Partnerschaften erlebt." Das bedeutet in Zahlen: Von den mehr als 3.245.160 Frauen zwischen 18 und 74 Jahren waren zum Untersuchungszeitraum 761.786 Betroffene. Fast jede sechste Frau sei mit Gewaltdrohungen konfrontiert gewesen (15,25 Prozent). Täter und Täterinnen wurden für beide Formen - körperliche Gewalt und deren Androhung - erfasst: 83,67 Prozent haben diese Übergriffe durch eine männliche, 33 Prozent durch eine weibliche Person erfahren. 67,42 Prozent wurden von einer oder mehreren ihnen bekannten Personen angegriffen oder bedroht, 42,80 Prozent durch Unbekannte (es konnten mehrere Vorfälle angegeben werden, Anm.).

Körperliche Gewalt in intimen Beziehungen haben 14,07 Prozent der Frauen, die sich schon zumindest einmal in einer intimen Beziehung befunden haben, erlebt - am häufigsten durch Stoßen, Schubsen oder an den Haaren ziehen (11,14 Prozent), gefolgt vom absichtlichen Bewerfen mit Sachen oder dem Verabreichen von Ohrfeigen (8,23 Prozent).

Sieben Prozent von Frauen waren Opfer von sexueller Gewalt

Opfer von sexueller Gewalt in Partnerschaften waren sieben Prozent der Frauen. Eine vollendete Vergewaltigung in einer intimen Partnerschaft mussten 6,08 Prozent erleiden, während 2,18 Prozent von einer versuchten Vergewaltigung betroffen waren. 36,92 Prozent haben psychische Gewalt durch ihren Partner oder ihre Partnerin erfahren. Am häufigsten sind laut Statistik Austria verbale Erniedrigungen und Beschimpfungen (28,55 Prozent), gefolgt von "grundloser oder übermäßiger Eifersucht" (19,43 Prozent).

Gewalttaten in der Partnerschaft sind oft keine Einzelfälle

Gewalttaten in Partnerschaften sind oft keine Einzelfälle: 81,27 Prozent der Frauen, die Gewaltdrohungen in einer früheren Partnerschaft erlebt hatten, haben dies laut einer Studie von Statistik Austria in der zuletzt zurückliegenden gewaltvollen Beziehung wiederholt erlebt. In Bezug auf körperliche Gewalt zeichnen die Daten ein ähnliches Bild: 60,57 Prozent gaben an, dass sie in der letzten gewalttätigen Partnerschaft mehr als einmal Opfer von körperlicher Gewalt wurden.

Oft Wiederholungstaten bei Vergewaltigung

Bei rund der Hälfte der Fälle von Vergewaltigungen oder versuchten Vergewaltigungen habe es sich ebenfalls um Wiederholungstaten gehandelt. Und 7,72 Prozent der Frauen, die mindestens in einer früheren Partnerschaft Gewalt erlebt haben - von Drohungen über physische Angriffe bis zu sexueller Gewalt -, haben diese Erfahrungen in mehr als einer Partnerschaft gemacht, geht aus der Studie "Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen in Österreich 2021" hervor.

Körperliche und psychische Folgen von Gewalttaten an Frauen

Häufig haben solche Taten für die Betroffenen körperliche und psychische Folgen. Von den Frauen, die in einer früheren Beziehung körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren haben, haben 54,63 Prozent Verletzungen davongetragen. Dabei hatten 30,87 Prozent bei mindestens einem Vorfall das Gefühl, ihr Leben sei in Gefahr gewesen.

Schwere Belastung auch durch Stalking

Eine schwere Belastung stellt auch Stalking dar. Jede vierte Betroffene berichtete, über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr beharrlich verfolgt worden zu sein, nur 13,67 Prozent weniger als zwei Wochen. Viele Frauen ergreifen Maßnahmen zu ihrem Schutz, die große Einschränkungen für ihren Alltag bedeuten können. Fast jede Fünfte änderte ihre Telefonnummer oder E-Mail-Adresse oder löschte ihr Nutzerprofil auf Sozialen Medien. 15,19 Prozent tragen eine Schere, ein Messer oder Pfefferspray mit sich.

27 % von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz betroffen

Von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz berichteten hochgerechnet 27 Prozent der rund 2.770.700 Frauen, die bereits erwerbstätig waren. Zu den häufigsten Formen zählen unangemessenes Anstarren oder anzügliche Blicke - 20,26 Prozent haben dies erfahren, sexuelle Witze oder übergriffige Bemerkungen über ihren Körper oder ihr Privatleben (16,21 Prozent) oder unerwünschter Körperkontakt (14,60 Prozent). 96,83 Prozent wurden von einem männlichen Täter sexuell belästigt. 44,14 Prozent berichteten über Belästigungen von Kollegen und Kolleginnen, eine ähnlich große Gruppe durch Kunden und Kundinnen. 76,74 Prozent gaben an, dass sexuelle Belästigung an ihrem derzeitigen (bzw. ihrem letzten) Arbeitsplatz überhaupt nicht verbreitet sei.

SPÖ: Österreich habe ein Problem mit Männergewalt

Die SPÖ schließt aus der Erhebung der Statistik Austria, dass Österreich ein Problem mit Männergewalt habe. Diese sei "Ausdruck eine patriarchalen Gesellschaft, in der Männer glauben, Frauen zu besitzen", sagte SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. Die SPÖ-Frauen fordern, das Budget für Gewaltschutz massiv aufzustocken, konkret auf 228 Mio. Euro jährlich, um die Empfehlungen der Istanbul-Konvention, dem "Goldstandard" gegen Gewalt an Frauen, umsetzen zu können. Die Bundesregierung aus ÖVP und Grünen hatte zuletzt das Frauenbudget für 2023 um 5,9 auf 24,3 Mio. Euro erhöht.

Zur Studie "Geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen in Österreich 2021": Anhand einer repräsentativen Stichprobe aus dem Zentralen Melderegister wurde die Erhebung laut Statistik Austria als Kombination aus persönlichen und Online-Befragungen durchgeführt. 6.240 Frauen im Alter von 18 bis 74 Jahren wurden befragt.

(APA/Red)

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