Zwei Auftritte innerhalb weniger Stunden an zwei Orten: Die irische Gruppe U2 hat am Samstag den Live 8-Reigen in London eröffnet, um dann nach Wien zu ihrem eigenen Konzert im Rahmen der Vertigo-Tour zu jetten. Gestresst wirkten Bono und Co. trotzdem nicht. Die Fans im Ernst-Happel-Stadion erlebten eine perfekte Show – allerdings musste man für den optimalen Sound den richtigen Platz suchen.
Die Welle rollte minutenlang durchs Prateroval. Zwar hatte gerade noch die ausgezeichnete Vorgruppe The Thrill das Publikum bestens unterhalten, doch galt es mit Bewegungstherapie eine längere Wartezeit zu überbrücken. Flugtechnisch bedingte 45 Minuten später als geplant eröffnete schließlich Vertigo die rund zweistündige Darbietung der Iren. In den vorderen Reihen verbreitete sich optimaler Klang, hinten und unter dem Dach dagegen hallte und holperte es mitunter heftig.
Trotz eines enormen Aufwandes auf der Bühne verloren sich die Protagonisten nicht wie einst im PopMart in der Gigantomanie. Mehrere Videowalls und ein riesiger Screen im Hintergrund wurden in die Darbietung stilvoll integriert, mit Projektionen und Farbenspielen die Inhalte der Songs optisch umgesetzt. U2 ist nicht wirklich eine RocknRoll-Band, lässt The Edge im Programmheft wissen. Und doch gab diesmal sein erdiger Gitarrensound die Richtung vor.
Ältere Stücke wie Electric Co. und New Years Day wechselten sich mit jüngeren Hits ab, gingen nahtlos ineinander über und wirkten wie aus einem Guss. Beautiful Day endete mit Zitaten aus Stg. Peppers Lonely Hearts Club Band, jenem Beatles-Standard, den U2 am Nachmittag mit Paul McCartney beim Live 8 gebracht hatten. Das Spielen macht der Gruppe derzeit hörbar Spaß – und Bonos Stimme befindet sich am Zenit, wie der Klassiker Still Havent Found verdeutlichte. City Of Blinding Lights und Miracle Drugs vom aktuellen Album How To Dismantle an Atomic Bomb (Universal) ließen eine kompakte erste Stunde zu Ende gehen.
Die ersten ruhigen Momente: Sometimes You Cant Make It On Your Own gehört Bono, übergroß projiziert auf die Schirme, allein. Bei Love And Peace Or Else stand die Band geschlossen am Catwalk, brachte anschließend mit einer fantastischen Version von Sunday Bloody Sunday das Stadion zum Toben. Bono der Rockstar macht dem Prediger Platz: Wir sind alle Söhne Abrahams, mahnt er. Zu Bullet The Blue Sky mimt er den politischen Gefangenen. Für die unter Hausarrest stehende burmesische Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi gibt es ein Geburtstagsständchen, während die Erklärung der Menschenrechte über den Screen flimmert.
Dem Aufruf von Wohltätigkeit zu Gerechtigkeit für Afrika folgte Where The Streets Have No Name, befreit vom achtziger Sound, wunderbar aktuell arrangiert. Macht Armut zur Geschichte. Hinter diesem Slogan steht ein Ziel, das wir erreichen können, verkündete Bono, um mit One den Hauptteil zu beenden. Zoo Station und The Fly entführten als erste Zugaben in die Zeiten von Achtung, Baby. With Or Without You, All Because Of You, Yahweh und noch einmal Vertigo beendeten den Set.