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U-Ausschuss wäre Koalitionsbruch

In der Affäre um angeblichen Machtmissbrauch der ÖVP im Innenministerium verschärft die Staatsanwaltschaft ihre Gangart. Die ÖVP warnt die SPÖ vor einem U-Ausschuss: "Formal ist das Koalitionsbruch."

Nachdem die Einvernahme von Ex-Kripo-Chef Herwig Haidinger den Verdacht gegen frühere Mitarbeiter der verstorbenen Innenministerin Liese Prokop (V) erhärtet hat, sollen kommende Woche die ersten Verdächtigen einvernommen werden. Auf politischer Ebene hat die ÖVP der weiterhin mit Kurs auf einen Untersuchungsausschuss segelnden SPÖ am Dienstag einen Schuss vor den Bug verpasst: Mehrere Schwarze drohten dem Koalitionspartner indirekt mit Enthüllungen über das jahrelang von roten Ministern geführte Innenministerium, sollte ein Ausschuss eingesetzt werden.

“Das Innenministerium ist ein sozialistischer Sumpf, der noch nicht wirklich trocken gelegt ist”, wies der steirische Parteichef Hermann Schützenhöfer im APA-Gespräch die Verantwortung für die möglichen Missstände im Ministerium dem Koalitionspartner zu. Ähnlich der stellvertretende VP-Klubchef Günter Stummvoll: “Was sich die SPÖ gut überlegen muss: letztlich trifft es beide.” Die ÖVP würde in einem U-Ausschuss “genug Dinge finden aus der Zeit der SPÖ-Innenminister”. Einen U-Ausschuss lehnten sie ebenso ab wie Parteichef Vizekanzler Wilhelm Molterer, der von einer unverantwortlichen Debatte sprach.

Stummvoll warnte die SPÖ außerdem vor einem gemeinsamen Vorgehen mit der Opposition gegen die ÖVP. “Formal ist das ein Koalitionsbruch”, verwies Stummvoll auf die im Regierungsprogramm vereinbarten Spielregeln. Eine Neuwahldrohung wollte er nicht aussprechen, warnte aber vor einer weiteren Gefährdung des Arbeitsklimas in der Koalition: “Wenn wir jetzt schon wieder mit einem Untersuchungsausschuss anfangen, ist die Große Koalition allmählich hin, bitte!”

In der SPÖ wird die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss allerdings immer lauter. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sprach sich angesichts der “schwerwiegenden Vorwürfe” für eine Klärung der politischen Verantwortung aus. “Wie es einem parlamentarischen System entspricht, wäre ein Untersuchungs-Ausschuss damit in der aktuellen Causa das richtige Instrument”, so Burgstaller. “Die Vorwürfe, die im Raum stehen, haben bereits bei vielen Menschen den Glauben an unser demokratisches System erschüttert”, ergänzte der steirische Landeschef Franz Voves. Und für den Burgenländer Hans Niessl wird ein U-Ausschuss “unumgänglich”, sollten sich die Vorwürfe Haidingers als richtig erweisen.

Der Ex-Kripo-Chef hatte vorige Woche schwere Vorwürfe gegen die Mitarbeiter der früheren Innenministerin Prokop erhoben: Demnach wurden gegen die SPÖ gerichtete Ermittlungsergebnisse im BAWAG-Skandal an die Medien weitergespielt. Außerdem wurde ihm angeblich untersagt, Hinweisen über Ermittlungsfehler im Fall Natascha Kampusch nachzugehen, um einen Polizeiskandal zu vermeiden. Nach der Wahl sollte Haidinger die BAWAG-Akten zuerst dem Nationalratsklub der ÖVP und erst dann dem Banken-Untersuchungsausschuss übermitteln.

Ob die Vorwürfe zutreffen, untersucht derzeit die Staatsanwaltschaft, die am Dienstag ihre weitere Vorgangsweise festgelegt hat: Demnach sollen die bisher gegen “unbekannte Täter” laufenden Ermittlungen nun auf konkrete Verdächtige eingegrenzt werden. Namen wurden nicht genannt, es handelt sich aber wohl um die von Haidinger belasteten früheren Kabinetts-Mitarbeiter. Die ersten Einvernahmen könnten – Zustimmung des Justizministeriums vorausgesetzt – kommende Woche beginnen.

Ob es darüber hinaus noch einen Untersuchungsausschuss geben soll, will die SPÖ nach der Sondersitzung des Innenausschusses klären. Einen Termin dafür gibt es allerdings noch nicht. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen beschuldigte die ÖVP, die Einberufung des Ausschusses zu verhindern. BZÖ-Justizsprecher Gernot Darmann forderte die Koalition auf, einem U-Ausschuss zuzustimmen. Und die FPÖ warf dem Büro für Interne Angelegenheiten im Innenministerium vor, auch Parteichef Heinz Christian Strache überwacht zu haben. Beweise wurden keine vorgelegt, eine Sprecherin von Innenminister Günter Platter (V) wies die Vorwürfe zurück.

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