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Türkei: Strafrecht wird überarbeitet

Die Türkei reformiert ihr fast 80 Jahre altes Strafrecht, um ihr Justizsystem auf EU-Niveau zu bringen. Der zuständige Unterausschuss habe seine Beratungen abgeschlossen.

Der zuständige Unterausschuss im Parlament von Ankara habe seine Beratungen über das Reformwerk abgeschlossen, berichtete der türkische Nachrichtensender NTV am Donnerstag. Die Neuerungen sollten bis Ende des Jahres beschlossen werden. Grundgedanke der Reform ist der Schutz der individuellen Freiheitsrechte. Insbesondere die Frauenrechte werden gestärkt, die Strafen für Folter sollen verschärft werden.

Laut NTV sieht die Strafrechtsreform unter anderem die Abschaffung eines bisherigen Gesetzes vor, das einem Vergewaltiger Straffreiheit zusichert, wenn sein Opfer ihn nach der Tat heiratet. Das Gesetz führte bisher häufig dazu, dass junge Frauen von ihren eigenen Verwandten zur Heirat mit ihrem Vergewaltiger gezwungen wurden, um die „Familienehre“ zu schützen. Zudem wird der bisher mögliche Strafnachlass bei Verbrechen zur Wiederherstellung der „Familienehre“ gestrichen.

So genannte „Jungfrauentests“ werden durch die Reform illegal, sofern die Untersuchungen nicht gerichtlich angeordnet werden. In der Vergangenheit hatten unter anderem Schulbehörden solche Tests veranlasst; einige Mädchen wurden damit in den Selbstmord getrieben. Mit der Reform werden auch die Strafen für Kinderschänder und für Folterer erhöht.

Das derzeitige türkische Strafrecht stammt noch aus dem Jahr 1926 und orientiert sich an dem italienischen Vorbild jener Zeit. Das neue Strafrecht ist Teil der EU-Reformen in der Türkei; Ankara hofft auf baldige Beitrittsgespräche mit der EU. Erst Ende vergangener Woche hatte die Türkei eine Verfassungsreform beschlossen, mit der unter anderem die Gleichheit von Mann und Frau verfassungsrechtlich verankert und die umstrittenen Strafsicherheitsgerichte abgeschafft wurden.

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