ÖVP und FPÖ konnten sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen, daher wird es heute im Parlament auch keinen gemeinsamen Antrag geben. Am Donnerstag wird Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) die österreichische Position beim entscheidenden Gipfel der EU-Regierungs- und -Staatschefs zu vertreten haben.
SPÖ für “strategische Partnerschaft”
Die SPÖ sieht die Voraussetzungen für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen nicht gegeben und fordert daher Verhandlungen über eine strategische Partnerschaft, die sich am EWR-Modell orientiert. Einen Antrag, mit dem Schüssel für den Europäischen Rat am Donnerstag und Freitag in Brüssel dahingehend vom Parlament gebunden werden soll, kündigte der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap für die Sitzung des Hauptausschusses an. Auf die Chancen für eine Mehrheit für diesen Antrag wollte Cap allerdings ebenso wenig eingehen wie auf die Frage, ob die SPÖ unter Umständen auch einen etwaigen ähnlich lautenden Antrag der FPÖ unterstützen würde. “Wir laden die anderen Fraktionen ein, sich unserem Antrag anzuschließen.”
Grüne für offene Verhandlungen
Die Grünen plädieren hingegen für ein Ja zu Verhandlungen mit offenem Ausgang. Dem Antrag der SPÖ, Schüssel auf ein Nein festzulegen, wird man nicht zustimmen, stattdessen einen eigenen einbringen.
Darin fordern sie die Regierung auf, der raschen Eröffnung von Beitrittsverhandlungen zuzustimmen und als Ziel der Verhandlungen den Beitritt der Türkei zu definieren. Zum derzeitigen Zeitpunkt sei der Ausgang der Beitrittsverhandlungen aber noch offen, heißt es in dem Antrag.
Eigener Antrag der FPÖ
Da man sich mit der ÖVP nicht auf einen Kompromiss einigen konnte, wird die FPÖ im Hauptausschuss einen eigenen Antrag zur Türkei-Frage einbringen, kündigte wiederum FPÖ-Generalsekretär Uwe Scheuch an. Zur Koalitionsfrage werde man das Thema aber nicht machen. Den Bindungsantrag der SPÖ wird die FPÖ nicht unterstützen, so Scheuch. Die Experten der FPÖ seien der Ansicht, dass eine Bindung Schüssels für den EU-Rat nicht möglich sei.
Die FPÖ ist prinzipiell gegen EU-Verhandlungen mit der Türkei, sollte es aber zu Verhandlungen kommen, so sollten diese “möglichst offen” und “ohne zeitlichen Druck” geführt werden.
Schüssel gegen “alles oder nichts
Schüssel stellte am Dienstag nach dem Ministerrat nochmals klar, dass er eine “Alles-oder-nichts-Variante” ablehnt. Konkret plädierte er dafür, die Offenheit des Prozesses “sichtbar und erlebbar” zu machen.
EU-Parlament stimmt über Türkei ab
Einen Tag vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel wird
das Europaparlament heute seine Position in der heftig umstrittenen
Frage eines EU-Beitritts der Türkei festlegen. Das Plenum soll über
einen Entschließungsentwurf abstimmen, in dem die Aufnahme von
Beitrittsverhandlungen mit Ankara empfohlen wird. Demnach sollen die
Verhandlungen aber offen bleiben und nicht automatisch zur Aufnahme
der Türkei führen. Am Freitag fällt dann die Entscheidung über die
Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Ankara.