Türkei: Erdogan lädt Merkel ein
18.11.2005 18:43
(Akt. 1.09.2011 19:04)
Die künftige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine Einladung des türkischen Außenministers Abdullah Gül nach Ankara angenommen. Merkel unterstützt EU-Beitrittsverhandlungen.
Bei einem Besuch am Freitag in Berlin versicherte Gül der CDU-Chefin, dass die unterschiedliche Haltung der Union und seiner Regierung in der Frage einer EU-Mitgliedschaft seines Landes der Entwicklung der deutsch-türkischen Beziehungen nicht im Wege stehen solle. Gül traf sich am Nachmittag auch mit dem designierten Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Gül beschrieb die Gespräche mit Merkel und Steinmeier am Rande einer Konferenz in Berlin als ausgedehnt und sehr positiv. Wie Teilnehmer der Unterredung mit der CDU-Chefin berichteten, schilderte Merkel Gül die Türkei-Passage in der Koalitionsvereinbarung als gute Arbeitsgrundlage. In dem Text werden die Beitrittsverhandlungen als Prozess mit offenem Ausgang beschrieben.
Für den Fall, dass am Ende der Verhandlungen kein Beitritt steht, sieht die Vereinbarung vor, dass das privilegierte Verhältnis der Türkei zur EU weiter entwickelt wird. Ankara besteht hingegen darauf, dass am Ende der Verhandlungen der EU-Beitritt steht. Die scheidende rot-grüne Regierung hatte dieses Ziel unterstützt.
Eine von Gül überbrachte Einladung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan zu einem Besuch der Türkei im ersten Halbjahr 2006 habe Merkel angenommen, hieß es weiter. Gül habe Merkel auch im Namen Erdogans zur Bildung der schwarz-roten Regierungskoalition gratuliert und ihr Erfolg gewünscht.
“Türkei muss noch viel leisten, um EU beizutreten”
Aus dem Gespräch Güls mit Steinmeier wurde nichts bekannt. Es habe lediglich dem Kennenlernen gedient, hieß es aus Regierungskreisen.
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende und designierte Staatsminister im Auswärtigen Amt Gernot Erler nannte die Einigung zwischen Union und SPD im Koalitionsvertrag, ergebnisoffene EU-Beitrittsverhandlungen zu unterstützen, eine Verständigung auf die Fakten. Die Verhandlungen hatten am 3. Oktober begonnen. Erler zeigte sich im Deutschlandradio Kultur besorgt, dass der Reformprozess in der Türkei ins Stocken geraten sei und dass der Eifer der EU für die Verhandlungen nachgelassen habe.
Das Verhältnis zwischen der Türkei und den Unionsparteien hat sich nach Ansicht des Vorsitzenden des deutsch-türkischen Forums in der CDU, Bülent Arslan, entspannt. Eine gewisse Beruhigung ist da in jedem Fall zu beobachten, sagte Arslan im Bayerischen Rundfunk.
Er führte dies auf die Erklärung Merkels vor der Bundestagswahl zurück, dass sie den Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei akzeptieren werde. Arslan räumte allerdings ein, dass die Türkei noch weitere Schritte unternehmen müsse, um beitrittsfähig zu werden. Mit einer Mitgliedschaft wird frühestens in zehn bis 15 Jahren gerechnet.