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Türkei beschließt Reformpaket

Mit Blick auf den angestrebten EU-Beitritt hat das türkische Parlament ein umfangreiches Reformpaket verabschiedet - mit der Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten.

Zum Abschluss einer nächtlichen Marathonsitzung billigten die Abgeordneten am Samstag in Ankara ein Paket, zu dessen 14 Punkten die Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten und die Zulassung der kurdischen Sprache im Schulunterricht sowie im Rundfunk gehören.

Nach mehreren Abstimmungen über die Aufnahme einzelner Punkte in das Gesamtpaket wurde das Reformwerk am Morgen mit Handzeichen der Abgeordneten verabschiedet. Es sieht auch ein erweitertes Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit vor. Nichtislamische Minderheiten wie die Juden sowie die griechischen und armenischen Christen erhalten ebenfalls mehr Rechte. Hingegen wird die Polizei, der in der Vergangenheit wiederholt Verstöße gegen die Menschenrechte zur Last gelegt wurden, einer größeren Kontrolle unterstellt als bisher.

Die Beschlüsse stießen auf heftigen Widerstand der Nationalen Aktionspartei (MHP), die vergeblich vor einer Spaltung des Landes warnte. Abgeordnete der politischen Mitte und der Sozialdemokraten erklärten, die Abschaffung der Todesstrafe und mehr Rechte für die zwölf Millionen Kurden seien von entscheidender Bedeutung für den angestrebten Beitritt zur EU. „Heute ist ein wichtiger Tag auf dem Weg zur EU“, sagte der Abgeordnete Ali Tekin.

Das Gesetz sieht vor, dass anstelle der Todesstrafe eine lebenslange Haft verhängt wird. Ausnahmen sind nur in Kriegszeiten oder bei Kriegsgefahr möglich. Obwohl in der Türkei seit 1984 kein Todesurteil mehr vollstreckt wurde, bestehen die nationalistischen Kräfte auf einer Hinrichtung des Vorsitzenden der kurdischen PKK, Abdullah Öcalan.

Jetzt wird erwartet, dass die Reformen auch die Debatte vor der vorgezogenen Neuwahl am 3. November bestimmen werden. Die Parlamentswahl wurde gegen den Widerstand des kranken Regierungschefs Bülent Ecevit beschlossen.

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