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Türkei muss Zypern Millionen-Entschädigung zahlen

Davutoglu lehnte Urteil umgehend ab
Davutoglu lehnte Urteil umgehend ab
Fast 40 Jahre nach der türkischen Besetzung Nordzyperns muss die Türkei der Republik Zypern 90 Millionen Euro Entschädigung für die Angehörigen von verschwundenen griechischen Zyprioten zahlen. Zu diesem Urteil kam der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Montag in Straßburg. Es ist die höchste Entschädigung, die der EGMR bisher jemandem zugesprochen hat.


Die türkische Regierung lehnte das Urteil postwendend als “nicht bindend” ab. Zudem komme das Urteil zur Unzeit, da die Bemühungen um eine Wiedervereinigung der geteilten Mittelmeerinsel gerade neuen Schwung bekämen, so Außenminister Ahmet Davutoglu. Das sei “aus psychologischer Warte nicht richtig”, sagte Davutoglu kurz vor der offiziellen Verkündung des Straßburger Urteils.

Die Beschwerde betraf die Folgen eines griechischen Putsches und der türkischen Militärintervention im Juli 1974, Ankara schickte damals mehrere tausend Soldaten in den türkischen Teil der Insel. Seitdem ist Zypern geteilt. Insgesamt verschwanden mehr 1.500 griechische Zyprioten, 200.000 Menschen wurden zwangsweise umgesiedelt, es kam zu Enteignungen und Benachteiligung von Griechen, die nach der Teilung im Norden der Insel geblieben waren.

Die Regierung der Republik Zypern soll das Geld den Angehörigen und den Opfern auszahlen. Der EGMR hatte bereits im Jahr 2001 in der Sache entschieden. Die Entschädigungssumme blieb allerdings vor 13 Jahren offen, um den Beteiligten eine gütliche Einigung zu ermöglichen. Damals warfen die Richter der Türkei vor, gegen 14 Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen zu haben, darunter das Recht auf Eigentum sowie auf Leben und das Verbot unmenschlicher Behandlung .Der Beschluss am Montag wurde von der aus 17 Richtern bestehenden Großen Kammer des Straßburger Gerichts mehrheitlich getroffen und ist rechtskräftig.

US-Vizepräsident Joe Biden will den Gesprächen zur Überwindung der Teilung Zyperns unterdessen neuen Schwung geben. Biden plant dazu eine Reise auf die Mittelmeerinsel, wie der zypriotische Regierungssprecher Nikos Christodoulides am Montag bestätigte. Das genaue Datum solle bald bekannt gegeben werden, sagte der Sprecher im staatlichen Rundfunk (RIK). Voraussichtlich soll der US-Vizepräsident am 21. Mai nach Zypern reisen und drei Tage bleiben.

Wie die Nachrichtenagentur dpa aus gut informierten diplomatischen Kreisen in Nikosia erfuhr, will Biden als vertrauensbildende Maßnahme die Rückgabe der zypriotischen Touristenstadt Famagusta-Varosha an ihre früheren griechisch-zyprischen Bewohner in die Wege leiten. Die USA seien bereit, einen sogenannten Masterplan zu finanzieren. Dabei soll die gesamte Region der Hafenstadt renoviert werden.

Rund 40.000 griechisch-zypriotischen Einwohner hatten den Südteil Famagustas (Stadtteil Varosha) im August 1974 angesichts der vorrückenden türkischer Panzer verlassen. Seitdem gleicht das Areal einer Geisterstadt. Im Nordteil, der Altstadt von Famagusta, leben türkische Zyprer. Als erstes sollen Experten in die Geisterstadt im Süden gehen, um festzustellen, in welchem Zustand die Infrastruktur dort ist und wie sicher die seit 1974 verlassenen Gebäude sind. Zudem müssen Minenfelder geräumt werden. Dann könnte die Stadt nach dem US-Plan der Verwaltung der Vereinten Nationen unterstellt werden und die Einwohner könnten zurückkehren.

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