Türkei: Hunderttausende fordern Freiheit für İmamoğlu und das Ende der Erdoğan-Ära

Die Türkei erlebt die größten Massenproteste seit den Gezi-Aufständen 2013. Im Zentrum der Bewegung steht ein Name: Ekrem İmamoğlu, suspendierter Bürgermeister von Istanbul und Hoffnungsträger der Opposition. Seine Verhaftung hat eine Welle der Empörung ausgelöst, die längst zu einem nationalen Aufbegehren gegen Präsident Erdoğan geworden ist.

İmamoğlus Verhaftung als Auslöser
Am 19. März 2025 wurde İmamoğlu wegen Korruptions- und Terrorvorwürfen festgenommen. Kurze Zeit später erklärte die Universität Istanbul seinen Hochschulabschluss für ungültig – ein Schritt, den viele als gezielte politische Maßnahme sehen, um ihn von einer Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2028 auszuschließen.
Millionen auf den Straßen
Hunderttausende Menschen – laut der CHP sogar über zwei Millionen – demonstrierten in Istanbul für İmamoğlus Freilassung. Auf der asiatischen Seite des Bosporus versammelten sich Menschen jeden Alters. Der Slogan „Her Şey Çok Güzel Olacak“ („Alles wird gut“) wurde erneut zum Symbol des Widerstands.
Künstliche Intelligenz als Sprachrohr
Obwohl İmamoğlu im Hochsicherheitsgefängnis sitzt, sprach er per KI-generierter Rede zur Menge. Den Text verfasste er im Gefängnis selbst. Darin betont er: „Das Volk hat gezeigt, dass es alle Verschwörungen zerschlagen wird.“
Polizei und Repression
In Ankara ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Studierende und Demonstrierende vor. Landesweit wurden fast 2.000 Menschen festgenommen, darunter auch internationale Journalisten. Dennoch lassen sich die Protestierenden nicht einschüchtern.
Symbolische Kraft: Silivri
İmamoğlu sitzt in Silivri, einem Hochsicherheitsgefängnis, das mittlerweile als Symbol für politische Repression gilt. Der CHP-Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavaş, fordert: „Silivri muss geschlossen werden.“
Politischer Wandel in Sicht?
Umfragen zeigen: Die Unterstützung für Präsident Erdoğan nimmt ab. Die Oppositionspartei CHP kündigte wöchentliche Kundgebungen und eine landesweite Unterschriftenkampagne an. İmamoğlu wurde inzwischen parteiintern als Präsidentschaftskandidat nominiert – mehr als 15 Millionen Menschen beteiligten sich an der Abstimmung.

Am Wendepunkt
Die Türkei steht an einem Wendepunkt. Die Proteste rund um Ekrem İmamoğlu zeigen deutlich: Die Bevölkerung ist bereit, für Demokratie, Gerechtigkeit und politische Veränderung auf die Straße zu gehen. Ob dies den Anfang eines echten Regierungswechsels einleitet, bleibt offen – aber die „Mauer der Furcht“, wie Journalist Can Dündar schreibt, ist längst gefallen.
Politische Krise in der Türkei – İmamoğlu im Fokus
1. Hintergrund:
- Ekrem İmamoğlu, Oberbürgermeister von Istanbul (CHP), wurde am 19. März 2025 wegen Korruptions- und Terrorvorwürfen festgenommen.
- Kurz danach wurde sein Hochschulabschluss von der Universität Istanbul für ungültig erklärt – ein Schritt, der seine politische Kandidatur verhindern soll.
2. Reaktionen:
- Massive Proteste: In Istanbul und anderen Städten versammelten sich Hunderttausende, teilweise bis zu zwei Millionen laut CHP, um gegen die Inhaftierung İmamoğlus zu protestieren.
- KI-Rede: Auf der Großkundgebung wurde eine mit Künstlicher Intelligenz erzeugte Rede İmamoğlus abgespielt, die er im Gefängnis verfasst hatte.
3. Eskalation:
- Polizeigewalt: In Ankara und Istanbul geht die Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstrierende vor. Nahezu 2.000 Personen wurden festgenommen.
- Auch internationale Journalisten, wie ein Schwede, wurden wegen Terrorvorwürfen verhaftet.
4. Symbolkraft & Bewegung:
- „Her Şey Çok Güzel Olacak“ – „Alles wird gut“: Der Slogan der Protestbewegung.
- Die Proteste sind zur größten politischen Mobilisierung seit den Gezi-Protesten 2013 geworden.
- Silivri-Gefängnis: Symbol für politische Repression – viele fordern seine Schließung.
5. Politische Dynamik:
- Die Popularität von Präsident Erdoğan sinkt. Laut Umfragen sympathisiert eine Mehrheit mit den Demonstrationen.
- Die CHP ruft zu wöchentlichen Protesten auf und hat eine Unterschriftenkampagne für den Rücktritt Erdoğans gestartet.
- İmamoğlu wurde parteiintern als Präsidentschaftskandidat bestätigt – mehr als 15 Millionen Menschen stimmten online für ihn ab.
6. Kommentar von Can Dündar (FAZ):
- Der Journalist sieht in der jungen Generation den Motor des Widerstands.
- Die Entwertung von İmamoğlus Diplom war der Auslöser – „Nicht einmal dein Diplom ist sicher“ wurde zum Leitspruch.
- Dündar: „Die Mauer der Furcht ist überwunden.“
(VOL.AT)