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Tschechische Regierung zurückgetreten

Die tschechische Regierung unter Premiers Paroubek ist am Mittwoch zurücktreten. Zweieinhalb Monate nach der Parlamentswahl beschloss das Kabinett in Prag seine Demission.

Diese wurde von Paroubek am Nachmittag bei Staatspräsident Vaclav Klaus eingereicht und von diesem angenommen. Klaus ernannte um 16.00 Uhr den Wahlsieger und Chef der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) Mirek Topolanek offiziell zum Regierungschef. Das zurückgetretene Kabinett von Paroubek amtiert jedoch bis zum Amtsantritt der neuen Regierung weiter.

Topolanek erklärte, er werde nun „mit allen demokratischen Parteien“ (dazu zählt er nicht die Kommunisten) Verhandlungen über die künftige Regierung führen. Er möchte diese Gespräche in höchstens drei Wochen abschließen. „Mehr nicht, weil man die Zeit der Instabilität, in der nicht regiert wird, nicht weiter verlängern kann“, betonte er in einem Rundfunkinterview in Anspielung auf die wegen der Patt-Situation im Prager Unterhaus bisher mühsame Suche nach einem neuen Kabinett.

Nach dem Scheitern des Projektes der Dreier-Koalition (ODS, christdemokratische Volkspartei KDU-CSL und Grüne), die in dem 200-köpfigen Unterhaus nur 100 Stimmen hatte, will Topolanek nun eine ODS-Minderheitsregierung zu bilden, die von allen Parteien mit Ausnahme der Kommunisten geduldet würde. Entscheidend wird dabei die Position der CSSD sein – ohne ihre Unterstützung gibt es nämlich keine Mehrheit im Parlament. Aus diesem Grund war bereits das Projekt der Mitte-Rechts-Koalition gescheitert.

Zwischen der ODS und der CSSD gibt es jedoch mehrere Streitigkeiten – hinsichtlich des Programms der Regierung sowie deren personellen Zusammensetzung. Außerdem will die CSSD eine ODS-Minderheitsregierung höchstens zwei Jahre dulden. Danach sollen Neuwahlen stattfinden. Die ODS beharrt hingegen auf der ganzen vierjährigen Wahlperiode. Vor diesem Hintergrund sind in kommenden Tagen noch schwierige Verhandlungen der beiden Parteien zu erwarten.

Unklar ist auch die Position der KDU-CSL und der Grünen, sollten sich die beiden Großparteien (ODS und CSSD) schließlich einigen. Die kleinen Parteien machten klar, dass sie keinerlei Großer Koalition assistieren wollen. Auch die ODS wünscht keine direkte oder indirekte Große Koalition, weswegen sie für eine Tolerierung der Regierung durch alle drei Parteien eintritt. Rechnerisch wäre dies nämlich nicht nötig.

Die neue Regierung muss sich nach der offiziellen Ernennung durch den Präsidenten innerhalb von 30 Tagen der Vertrauensabstimmung im Unterhaus stellen. ODS und CSSD haben insgesamt 155 Stimmen. Sollte das Kabinett die Vertrauensabstimmung nicht überstehen, müsste Klaus einen neuen Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Scheitert auch dieser, kommt dem Chef des Unterhauses in der dritten Runde das Vorschlagsrecht zu. Dies ist der Sozialdemokrat Miloslav Vlcek. Dieser war aber am Montag von den Abgeordneten der vier potenziellen Regierungspartner im Unterhaus nur unter der Bedingung gewählt worden, dass er zurücktritt, ehe er die Chance dazu erhält, einen Politiker mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Die ODS befürchtet nämlich, dass Vlcek seinen Parteifreund Paroubek beauftragen könnte.

Die Wahl von Vlcek gilt als Vorleistung der ODS für die Tolerierung ihres Kabinetts durch die Sozialdemokraten. Ende der 1990er Jahre hatten sich ODS und CSSD – mit umgekehrten Vorzeichen – die Macht im Land auf diese Weise geteilt. CSSD-Chef Milos Zeman war damals Regierungschef, der damalige ODS-Chef Klaus stand an der Spitze des Unterhauses.

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