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Tschechische Regierung gestürzt

©AP
Die tschechische Regierung von Premier Mirek Topolanek ist gestürzt. Laut inoffiziellen Angaben hat sie die Misstrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus verloren.

Vier Abgeordnete der Regierungskoalition schlossen sich der Opposition an, die den Misstrauensantrag gestellt hatte. Tschechien hat noch bis Ende Juni den EU-Ratsvorsitz inne.

Die tschechische Regierung hat die von den oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) beantragte Misstrauensabstimmung verloren. Die Kritiker des Kabinetts konnten genau die erforderlichen 101 Stimmen in der 200-köpfigen Kammer sammeln. Neben der CSSD und den Kommunisten mit insgesamt 97 Stimmen stimmten auch zwei Rebellen von Topolaneks Konservativen (ODS) und zwei kürzlich von den mitregierenden Grünen ausgeschlossene Abgeordnete für die Absetzung der Regierung.

Als “gesamteuropäischen Schaden” bezeichnete der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Othmar Karas, den Sturz der tschechischen Regierung. Der SPÖ-Europaabgeordnete und Vizepräsident der Europäischen Sozialdemokraten, Hannes Swoboda, meinte ebenfalls gegenüber der APA, es sei “ungewöhnlich, dass das während der Präsidentschaft passiert”.

Alledings, so Swoboda, müsse es natürlich immer eine amtierende Regierung geben, “die sich nicht ihrer europäischen Verpflichtungen entledigt”. Die Minister in Tschechien müssten halt so lange sie im Amt sind, auch die Präsidentschaft der EU vertreten. Es müsse eine voll funktionsfähige Übergangsregierung geben, “zumindest was die europäische Dimension betrifft”.

Karas kritisierte das Vorgehen in Tschechien. Die gesamteuropäische Verantwortung werde dort “nicht ausreichend wahrgenommen”. Er appelliere an alle tschechische Parteien, ihre parteipolitischen “Spielchen” hintanzustellen. “Es geht in diese Phase nicht nur um die Stabilität eines Landes in der Wirtschafts- und Finanzkrise, sondern es kann einen weit reichenderen gesamteuropäischen Schaden geben”. Es sei aber noch zu früh zu sagen, welche Konsequenzen diese “innerstaatlichen Turbulenzen” in Tschechien haben. Außerdem müsse man sich die Frage stellen, welche Konsequenzen es nun um den Ratifizierungsprozess des Lissabon-Vertrags in Tschechien gibt, so Karas.

Laut offiziellen Angaben haben 101 Parlamentarier der anwesenden 197 Abgeordneten für den Sturz der tschechischen Regierung votiert – genau die dafür erforderliche Zahl. Nur 96 Abgeordneten unterstützten die Regierung. Es handelte sich um den fünften Versuch der CSSD, Topolaneks Regierung bei einer Misstrauensabstimmung abzuberufen. Die Kritiker haben das Votum herausgefordert, obwohl Tschechien zur Zeit den EU-Vorsitz inne hat. Es ist auch zum ersten Mal in der Geschichte Tschechiens, dass eine Regierung bei der Misstrauensabstimmung gestürzt wurde.

Premier und ODS-Chef Mirek Topolanek erklärte nach der verlorenen Abstimmung kurz und schlicht: “Ich nehme die Abstimmung zur Kenntnis und werde mich genau nach der Verfassung verhalten”. Das heißt, er wird nun Staatspräsident Vaclav Klaus offiziell die Demission seines Kabinetts überreichen.

Der CSSD-Chef Jiri Paroubek erklärte nach der Misstrauensabstimmung, Topolaneks Regierung habe “das bekommen, was sie verdient hat”. Dieses Kabinett sei nicht imstande, den Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu begegnen.

 

Die CSSD sei bereit, Topolaneks Regierung als “amtierendes Kabinett in Demission” bis Ende des tschechischen EU-Vorsitzes Ende Juni zu dulden, damit sie diese Aufgabe beenden könne. Danach sollte eine Regierung aus Fachleuten antreten. Paroubek erklärte weiters, die CSSD sei bereit, über vorgezogene Parlamentswahlen zu verhandeln. Als mögliche Termine nannte der CSSD-Chef Herbst 2009 oder “baldiges Frühjahr” 2010. Der reguläre Termin wäre Juni 2010.

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