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Tschechien will auf Atomenergie setzen

Das tschechische Industrieministerium hat einen Entwurf über seine Energiepolitik bis zum Jahr 2030 veröffentlicht. Sechs verschiedene Szenarien sind darin aufgeführt.

Die Regierung muss das Dokument bis Ende dieses Jahres annehmen. Das Ministerium empfahl der Regierung die so genannte „grüne Variante“. Zwei zusätzliche Atomreaktoren im südböhmischen Atomkraftwerk Temelin soll es demnach geben, berichteten tschechische Zeitungen heute, Freitag.

Nach der „grünen Variante“ sollen weiters die Beschränkungen für den Abbau von Braunkohle aufgehoben werden. Die Vorräte in der nordböhmischen Region könnten bis Ende dieses Jahrhunderts ausreichen. Der stellvertretende Industrieminister Martin Pecina sagte aber: Man werde bis 2015, wenn die Lebenszeit der Braunkohlekraftwerke zu Ende geht, keine neuen Kapazitäten suchen müssen.

Der Sprecher des staatlichen tschechischen Energiekonzerns CEZ, Ladislav Kriz, erklärte zu dem Entwurf des Industrieministeriums: CEZ rechne zunächst nicht mit zusätzlichen Reaktorblöcken in Temelin. „Allerdings, rein pragmatisch schließen wir Atomquellen für die Zukunft nicht aus“.

Die so genannte „gelbe Variante“ des Energiekonzepts sieht den Aufbau eines völlig neuen Atomkraftwerkes mit einer Kapazität von 3.000 Megawatt vor. Insgesamt sollten nach diesem Szenario in Tschechien acht neue Atomreaktoren mit der Leistung von 600 Megawatt entstehen. Auch die „blaue Variante“ rechnet mit neuen atomaren Energiequellen: drei neue Reaktorblöcke in Temelin. Demgegenüber sind in der „weißen Variante“ keine Änderungen des Status quo enthalten. Nach der „roten Variante“ sollte der Schwerpunkt auf importiertes Erdgas und nach der „schwarzen Variante“ auf importierte Steinkohle gelegt werden.

Industrieminister Milan Urban erklärte zu dem Entwurf, die Energiepolitik des Landes sollte „nicht rigid“ sein. Er rechne deshalb damit, dass die Regierung diese Konzeption alle zwei Jahre erörtern und eventuell modifizieren werde. Urban bestätigte weiters, dass der Konzern CEZ, der zu zwei Drittel in Staatsbesitz ist, mindestens bis zum Jahr 2006 nicht privatisiert werde. Die dominante Position des Staates sei nämlich günstig für die Verwirklichung des Energiekonzepts, so Urban. Man sehe aber einen Verkauf von 15 bis16 Prozent der Aktien in absehbarer Zeit vor.

Tschechische ökologische Organisationen kritisierten unterdessen das vorgelegte Papier. Der Chef der tschechischen Grünen, Jan Beranek, bezeichnete das Dokument als „antiökologisch“ und „asozial“. „Die Sozialdemokraten diktieren ohne jegliche öffentliche Debatte den Aufbau von weiteren Braunkohle- und Atomkraftwerken, ohne jedoch deren Bedarf nachzuweisen“, so Beranek. Die Chefin der Bewegung „Jihoceske matky“ („Südböhmische Mütter“), Dana Kuchtova, meinte, über die veröffentlichten sechs Varianten könne man nicht diskutieren, weil sie nicht einmal die grundlegendsten Forderungen für die Vorbereitung derartiger Konzeptionen nicht erfüllten.

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