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Tschechien: Topolanek setzt auf Linke

Der neu ernannte tschechische Premier Mirek Topolanek rechnet nicht damit, dass seine geplante Minderheitsregierung bei der Vertrauensabstimmung auch durch die Christdemokraten (KDU-CSL) und Grünen unterstützt wird.

Der Vorsitzende der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) setzt stattdessen nur auf die Sozialdemokraten (CSSD) des scheidenden Ministerpräsidenten Jiri Paroubek.

Topolanek sagte dies in einem Interview mit der tschechischen Tageszeitung „Hospodarske noviny“ (Freitag-Ausgabe). Topolanek betonte, die Stimmen der ODS und der CSSD, die in dem 200-köpfigen Abgeordnetenhaus insgesamt 155 Stimmen haben, würden völlig ausreichen.

Allerdings will Topolanek auf eine Kooperation mit der KDU-CSL und den Grünen nicht ganz verzichten. In einer Erklärung vom heutigen Freitag ergänzte er, die ODS wolle mit diesen beiden kleineren Parteien weiterhin die gesamte Wahlperiode zusammenarbeiten. Man müsse die Form dieser Zusammenarbeit, nicht aber ihren Inhalt ändern, so Topolanek.

In den vergangenen Wochen war er erfolglos bemüht gewesen, eine Regierung aus ODS/KDU-CSL/Grüne zu schaffen. Allerdings konnte sich Topolanek keine Mehrheit dafür sichern, weil alle drei Parteien nur 100 Stimmen und damit genau die Hälfte der Mandate im Unterhaus haben.

Unterdessen sagte der KDU-CSL-Chef Miroslav Kalousek, er respektiere, dass die ODS sich nun auf eine Vereinbarung mit der CSSD konzentriere. Die KDU-CSL werde aber keine Art der Großen Koalition ODS/CSSD unterstützen. Ob die KDU-CSL-Parlamentarier bei der Vertrauensabstimmung gegen das ODS-Minderheitskabinett votieren wird, oder nur den Saal verlassen, wollte er nicht präzisieren. Die KDU-CSL sei auf jeden Fall zum Gang in die Opposition bereit, so Kalousek. Nicht einmal die Grünen wollen an einem Pakt ODS/CSSD beteiligt sein, hieß es.

Das Projekt der von der CSSD geduldeten ODS-Minderheitsregierung sieht vor, dass in dem Kabinett etwa sechs parteilose Experte wären, denen die CSSD zustimmen müsste. Außerdem würde die CSSD das Amt des Unterhauschefs behalten. Allerdings wird damit gerechnet, dass der jetzige Kammer-Vorsitzende Miloslav Vlcek durch Paroubek ersetzt wird.

Die Verhandlungen zwischen ODS und CSSD werden aber noch schwierig sein. Vlcek betonte am Freitag, die CSSD werde nicht zulassen, dass die ODS die von ihr gewünschte Einheitssteuer (flat tax) einführe. Auch werde die CSSD keine Änderungen in dem Arbeitsgesetzbuch zulassen, die die ODS vorsieht.

Zwischen der ODS und CSSD gibt es zudem Streitigkeiten darüber, wie lange die ODS-Minderheitsregierung existieren soll. Während die ODS die gesamte vierjährige Legislaturperiode regieren will, verspricht die CSSD zunächst nur eine zweijährige Duldung mit vorgezogener Parlamentswahl. Darüber hinaus streiten die beiden großen Parteien über die personelle Zusammensetzung des Kabinetts. Beispielsweise will die CSSD nicht Ivan Langer (ODS) als künftigen Innenminister sehen. Einwände hat Paroubeks Partei auch gegen den geplanten Finanzminister Vlastimil Tlusty (ODS).

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