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Tschechien: Rücktritt der Gross-Regierung

Die Vereinbarung über eine Neuauflage der Ende März zerfallenen tschechischen Regierungskoalition von Sozialdemokraten, Christdemokraten und der Liberalen sollte noch diese Woche unterzeichnet werden.

Nächste Woche wird dann der Rücktritt des umstrittenen Premiers Stanislav Gross (CSSD) – und damit auch seiner gesamten Regierung – sowie die Ernennung eines neuen Kabinetts mit dem bisherigen Minister für Regionen, Jiri Paroubek, erwartet. Im Mai würde sich die neue Regierung der Vertrauensabstimmung im Parlament stellen. Dieses Szenario zeichnete sich am Mittwoch in Prag ab, nachdem sich alle drei genannten Parteien im Prinzip auf die Erneuerung ihrer Koalitionszusammenarbeit geeinigt hatten.

Die jetzige Vereinbarung scheint fester zu sein als jene der vergangenen Woche, die die Parteichefs zunächst abgeschlossen hatten, die allerdings schließlich scheiterte, nachdem sie vom Vorstand der Sozialdemokraten überraschend abgelehnt wurde. Am kommenden Sonntag muss die jetzige Vereinbarung noch von dem CSSD-Zentralausschuss gebilligt werden. Obwohl es innerhalb der CSSD immer noch einige kritische Stimmen gegen die Zusammenarbeit vor allem mit der KDU-CSL gibt, geht man davon aus, dass das CSSD-Gremium doch die Zustimmung geben wird.

Paroubek deutete unterdessen an, dass er in seiner geplanten Regierung keine großen personellen Änderungen gegenüber dem jetzigen Gross-Kabinett wünscht. Bis zu den nächsten Wahlen bleiben ein Jahr und zwei Monate, was keine ausreichende Zeit für die Einarbeitung neuer Minister sei, meinte Paroubek.

Aus den bisherigen Erklärungen der Politiker geht hervor, dass alle drei formell zurückgetretenen, aber noch amtierenden christdemokratischen Minister in der Gross-Regierung ihre Posten auch im neuen Kabinett besetzen sollten. Damit würden Cyril Svoboda Außenminister, Milan Simonovsky Verkehrsminister und Libor Ambrozek Umweltminister bleiben.

Der US-DEU-Chef Pavel Nemec dürfte das Amt des Justizministers und Karel Kühnl das Amt des Verteidigungsministers weiter ausüben. Auch die meisten CSSD-Regierungsmitglieder bis auf einige Ausnahmen sollten in ihren Ämtern bleiben. Unsicher sei aber die Position von Gesundheitsministerin Milada Emmerova und des Landwirtschaftsministers Jarosav Palas, hieß es.

Sollte es gelingen, das sich abzeichnende Szenario durchzusetzen, würde dies die Beendigung der seit Jänner andauernden Regierungskrise bedeuten. Diese war durch die Affäre um die Finanzierung der Prager Luxuswohnung von Gross und der unternehmerischen Immobilien-Aktivitäten seiner Ehefrau ausgelöst worden. Staatspräsident Vaclav Klaus äußerte sich zu der neuen Übereinkunft noch nicht, in Prag geht man jedoch davon aus, dass er das in Aussicht gestellte Kabinett Paroubeks ohne Probleme ernennen wird.

Die CSSD, KDU-CSL und US-DEU, die in dem 200-köpfigen Unterhaus eine knappe Mehrheit von 101 Stimmen haben, wollen ihre Regierungszusammenarbeit bis zum Ende der laufenden vierjährigen Legislaturperiode fortsetzen. Die nächsten Parlamentswahlen sind im Juni 2006 geplant.

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