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Trump verhaftet, Putin hinter Gittern? Die Macht gefälschter KI-Bilder

Keines der beiden sensationellen und hochdetaillierten Bilder ist echt.
Keines der beiden sensationellen und hochdetaillierten Bilder ist echt. ©AP; Twitter/Philipp Brokes
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump wird von New Yorker Polizisten in Schutzausrüstung überwältigt, der russische Staatschef Wladimir Putin steht in Häftlingskleidung in einer düsteren Gefängniszelle: Diese beiden Fotos haben in den vergangenen Tagen auf Twitter und anderen Plattformen Aufsehen erregt.
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Hintergrund sind die Nachrichten, dass Trump eine Anklage drohen könnte und der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen Putin verhängt hat.

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Doch keines der beiden sensationellen und hochdetaillierten Bilder ist echt. Sie wurden ebenso wie etliche Varianten von Bildgeneratoren mittels Künstlicher Intelligenz (KI) produziert, die zunehmend besser werden und immer mehr Menschen frei zur Verfügung stehen. Fachleute sehen in den Bildern Vorboten einer neuen Realität, in der nach größeren Nachrichtenereignissen Unmengen an gefälschten Fotos und Videos in sozialen Medien kursieren werden. Sie warnen vor einer weiteren Vermischung von Fakten und Fiktion zu einem für die Gesellschaft kritischen Zeitpunkt.

Trend erhöhe zu Krisenzeiten zusätzlich die Aufregung

Der Trend erhöhe zu Krisenzeiten zusätzlich die Aufregung und den Zynismus, warnt Jevin West, Experte für die Verbreitung von Falschinformationen an der University of Washington in Seattle: "Man fängt an, Vertrauen in das System und in die Informationen zu verlieren, die man bekommt."

Die Möglichkeit, Fotos zu manipulieren und falsche Bilder zu erzeugen, ist zwar nicht neu. Doch inzwischen sind KI-Bildgeneratoren von Midjourney, DALL-E und anderen Anbietern viel einfacher in der Nutzung. Auf eine kurze Aufforderung hin können sie in Windeseile massenhaft realistische Bilder mit vollständigem Hintergrund generieren.

Überzeugende Bilder im typischen Stil der Fotos von Nachrichtenagenturen

Einige der jüngsten Bilder stammen von der kürzlich veröffentlichten neuen Version des Text-zu-Bild-Generators von Midjourney, der jetzt unter anderem überzeugende Bilder im typischen Stil der Fotos von Nachrichtenagenturen produzieren kann. Auch die dramatischen Aufnahmen von Trumps fiktiver Festnahme gehen auf diese Version zurück. Hinter den zehntausendfach auf Twitter geteilten und gelikten Bildern steht Eliot Higgins, Gründer des in den Niederlanden ansässigen Kollektivs Bellingcat für investigativen Journalismus. Er ist auch für eine Reihe von Bildern von Putins Festnahme verantwortlich.

Higgins betont, er habe die Bilder ohne böse Absicht gepostet und in seinem Twitter-Thread klar darauf hingewiesen, dass diese von einer KI generiert worden seien. Er habe damit die Stärken und Schwächen des Generators zeigen wollen. Denn die Bilder seien bei weitem nicht perfekt, erklärt er: So trägt Trump auf einigen davon einen Polizeigürtel, und auf anderen sind Gesichter und Hände erkennbar verzerrt. Dennoch wurde Higgins wegen der Posts nach eigenen Angaben vom Midjourney-Server gesperrt. Das Forschungslabor in San Francisco äußerte sich auf Nachfrage nicht zu dem Fall.

"Sobald man etwas sieht, kann man es nicht mehr ungesehen machen"

Es reiche nicht aus, wenn Nutzer wie Higgins in ihren Posts klarmachten, dass die Bilder KI-generiert seien und nur zur Unterhaltung dienen sollten, erklärt Shirin Anlen, Expertin für Mediatechnik bei der New Yorker Menschenrechtsorganisation Witness. Denn nur allzu häufig werde das Bildmaterial rasch von anderen ohne den entscheidenden Kontext geteilt. Tatsächlich stieß ein Instagram-Post, in dem einige von Higgings‘ Trump-Bildern als echt dargestellt wurden, auf mehr als 79 000 Likes. "Man sieht nur ein Bild, und sobald man etwas sieht, kann man es nicht mehr ungesehen machen", sagt Anlen.

Knieender Putin küsst dem chinesischen Staatschef die Hand?

In einem weiteren aktuellen Beispiel teilten Social-Media-Nutzer ein unechtes Bild, auf dem ein knieender Putin dem chinesischen Staatschef Xi Jinping die Hand küsst. Wer das Bild kreierte oder mit welchen Tool, ist nicht bekannt. Dass es eine Fälschung war, wurde aber recht schnell deutlich: Die Köpfe und Schuhe der beiden Politiker waren leicht verzerrt, und die Innenausstattung des Raums auf dem Bild passte nicht zum echten Ort des Treffens.

Kampf gegen visuelle Falschinformationen

Da künstlich geschaffene Bilder insgesamt jedoch immer schwieriger als solche zu erkennen sind, raten Expertinnen und Experten im Kampf gegen visuelle Falschinformationen zu mehr Aufklärung. "Es ist so einfach und so billig, diese Bilder herzustellen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun sollten, um der Öffentlichkeit bewusst zu machen, wie gut diese Technologie geworden ist", sagt West. Higgins rät, dass Social-Media-Unternehmen Programme zur Erkennung von KI-generierten Bildern entwickeln und in ihre Plattformen integrieren sollten.

(APD)

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