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Vergeltungsdrohungen bei Trauerfeier für iranischen General

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In Teheran haben sich am Montag Hunderttausende Menschen dem Trauerzug für den durch eine US-Drohne getöteten General Qassem Soleimani angeschlossen.
Trauerfeier für getöteten General
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Soleimani war für viele Iraner ein Nationalheld, in der Führung der Islamischen Republik rangierte er gleich hinter dem geistlichen und staatlichen Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei.

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Soleimanis Tochter, Seinab Soleimani, sagte bei der Trauerfeier, den USA und ihrem Verbündeten Israel stehe ein "schwarzer Tag" bevor. Deutschland, Frankreich und Großbritannien riefen gleichwohl alle Seiten zu äußerster Zurückhaltung auf. Der Iran kündigte unterdessen einen weiteren Rückzug vom internationalen Atomvertrag an, der das Land am Bau von Atomwaffen hindern soll.

Schallenberg ruft zu Deeskalation auf

Außenminister Alexander Schallenberg hat indessen am Montag zu Dialog und Deeskalation aufgerufen. "In Österreich herrscht große Sorge über die Zuspitzung der Geschehnisse der Region des Nahen Osten/Golf. Alle Seiten müssen dringend Schritte zur Deeskalation setzen", so der Minister in einer der APA übermittelten Erklärung. "Mit Gewalt wird es nicht möglich sein, nachhaltig Sicherheit und Stabilität in der Region zu schaffen. Daher braucht es nun von allen Seiten eine klare Bereitschaft zu Dialog. Wir unterstützen den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in seinen Bemühungen zu einer politischen Lösung des Konflikts", erklärte der Minister laut Sprecher Peter Guschelbauer. Wien stehe als Ort für einen Dialog jederzeit zur Verfügung.

Runder Tisch: Neue Kriegsgefahr am Golf?

"Tod Amerika"

"Verrückter Trump, denke nicht, dass mit dem Märtyrertod meines Vaters alles vorbei ist", sagte Seinab Soleimani in Teheran. Die Menge im Trauerzug skandierte "Tod Amerika", während der mit einer iranischen Flagge bedeckte Sarg Kassems über die Köpfe der Menschen gereicht wurde. Soleimanis Nachfolger als Chef der mit Auslandseinsätzen beauftragten Quds-Brigaden-Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, General Esmail Ghaani sagte im staatlichen Fernsehen, der Tod werde gerächt werden. "Sicher wird es auch zu Aktionen kommen." Ayatollah Khamenei versagte bei seinen Gebeten die Stimme. Staatsmedien zufolge ging die Zahl der Trauernden in die Millionen. Das erinnert an das Begräbnis von Ayatollah Ruhollah Khomeini im Jahr 1989. Er hat die Islamische Republik gegründet und das Land damit auf Konfrontationskurs zu den USA gebracht.

Iran droht Vergeltung an

Der Iran hat Vergeltung für den Luftangriff im Irak zur Tötung Soleimanis angedroht, den US-Präsident Donald Trump befohlen hatte. Auf die verschärften Spannungen reagierte Trump mit weiteren Drohungen: Die USA würden "schwere Vergeltung" üben, wenn es zu iranischen Racheakten komme, sagte er. Auch iranische Kulturstätten seien davor nicht sicher. US-Außenminister Mike Pompeo hatte kurz zuvor noch erklärt, dass Trump diese Drohung so nicht ausgesprochen habe. Militärische Angriffe auf Kulturstätten gelten als Kriegsverbrechen.

Hannelore Veit (ORF) zu den Spannungen zwischen Iran und USA

Iran zieht sich aus Atomdeal zurück

Die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran haben sich bereits deutlich verschlechtert, seit Trump 2018 einseitig den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen ankündigte. Er kritisiert den Vertrag als nicht ausreichend, um militärische und nukleare Ambitionen des Iran zu stoppen.

Jörg Winter (ORF) zur Kündigung des Atomabkommens

Der Iran zieht sich seitdem selbst schrittweise aus dem Pakt zurück und erklärte nach der Tötung Soleimanis, sich nun auch nicht mehr an die festgelegtem Grenzen zur Urananreicherung zu halten.

Abzug von US-Truppen gefordert

Der schiitische Iran ringt in der Golfregion mit dem sunnitisch geprägten US-Verbündeten Saudi-Arabien um die Vorherrschaft. Eines der Ziele der Teheraner Führung dabei ist der Abzug von US-Truppen aus dem Nachbarland Irak. Dieses Szenario wurde am Sonntag realistischer: In Bagdad, wo Soleimani und unter anderem ein irakischer Milizenführer durch US-Beschuss getötet wurden, forderte das Parlament den Abzug ausländischer Truppen. Trump drohte dem Irak daraufhin mit Sanktionen.

Die USA haben rund 5.000 Militärs überwiegend als Berater im Irak.

Ölpreis zieht an

Die Furcht vor einer weiteren Eskalation am Golf schlägt auch auf die Finanzmärkte durch. So zogen sich Anleger aus den internationalen Aktienbörsen zurück, in Deutschland verlor der Dax bis zum Montagmittag 1,5 Prozent. Schon am Freitag hatte er 1,3 Prozent eingebüßt, weil Investoren Geld in risikoärmere Anlagen wie Gold und Staatsanleihen umschichten. Der Ölpreis zog angesichts von Sorgen vor einer Eskalation der Lage weiter an.

(APA/dpa)

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