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Trump-Auftritt: Leere Sitze wegen TikTok-Nutzern und K-Pop-Fans?

Erste Massenkundgebung Trumps seit Corona - Halle wurde nicht voll.
Erste Massenkundgebung Trumps seit Corona - Halle wurde nicht voll. ©AFP
Der Neustart seines Wahlkampfs ist für US-Präsident Donald Trump bei der ersten Massenkundgebung seit Beginn der Corona-Krise enttäuschend verlaufen. Bei der Veranstaltung in einer Arena in Tulsa (Oklahoma) blieben am Samstagabend zahlreiche der rund 19.200 Plätze leer.
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Trump hatte vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass sich fast eine Million Menschen um Tickets für die Veranstaltung in Tulsa beworben hätten. Noch kurz vor seinem Abflug nach Tulsa sagte Trump: "Der Andrang ist unglaublich." Ein Feuerwehrsprecher in Tulsa sagte der Zeitung "The Hill", weniger als 6.200 Besucher seien bei der Veranstaltung gewesen - die Zahl beziehe sich auf gescannte Tickets. Nicht darin enthalten seien etwa Medienvertreter und Mitglieder des Wahlkampfteams. Ein Vertreter des Wahlkampfteams sagte "The Hill", 12.000 Menschen seien durch die Metalldetektoren an den Eingängen gegangen.

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Video-Übertragung abgesagt

Ursprünglich sollte Trump sich auch an eine Menschenmenge vor der Arena wenden. Dort waren eine Bühne und eine Videoleinwand aufgebaut worden - in der Erwartung, dass die Arena überfüllt werden würde. Der Platz vor der Halle blieb aber weitgehend leer, der Auftritt wurde abgesagt.

Friedliche Proteste am Rande

Der Kommunikationsdirektor von Trumps Wahlkampfteam, Tim Murtaugh, warf "radikalen Demonstranten" und Medien vor, Sympathisanten vom Besuch der Kundgebung abgehalten zu haben. Immer noch seien die Tausenden Unterstützer aber ein Kontrast zum "schläfrigen Wahlkampf" von Trumps designiertem Herausforderer bei der Wahl im November, Joe Biden. Am Rande von Trumps Auftritt kam es zwar zu Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Die Proteste blieben aber weitgehend friedlich, wie die Polizei in Tulsa berichtete.

TikTok-Teenager gegen Trump

Nutzer des sozialen Netzwerks TikTok haben möglicherweise zu den hohen erwarteten Besucherzahlen beim Wahlkampfauftritt von US-Präsident Donald Trump in Tulsa beigetragen - bei dem am Ende zahlreiche Plätze leer blieben. Der Sender CNN berichtete am Sonntag, auf dem meist von Kindern und Jugendlichen genutzten Netzwerk habe es koordinierte Bemühungen gegeben, sich kostenlos für ein Ticket zu registrieren, dann aber nicht zu der Veranstaltung im Bundesstaat Oklahoma zu erscheinen.

Eine ältere Nutzerin namens Mary Jo Laupp, die sich als "TikTok-Großmutter" bezeichnet, sagte in ihrem Video: "All jene von uns, die diesen Saal mit 19.000 Sitzplätzen kaum gefüllt oder völlig leer sehen wollen, gehen jetzt Karten reservieren und lassen ihn (Trump) dort allein auf der Bühne stehen." Für den Antrag auf Reservierung ist nur die Angabe einer Handynummer erforderlich.

"Meine 16-jährige Tochter und ihre Freunde in Park City Utah haben Hunderte Tickets. Ihr seid von Amerikas Jugendlichen reingelegt worden", twitterte der frühere Wahlkampfstratege der Republikaner Steve Schmidt am Samstag. Der Tweet bekam mehr als 100 000 Likes, viele antworteten, sie oder ihre Kinder hätten das gleiche getan.

Massive Online-Gemeinschaft gegen Trump

Nutzer sozialer Medien sind wahrscheinlich nicht davon überrascht, wie junge und teils auch ältere Menschen sich mobilisierten, um den Präsidenten zu trollen. Sie nutzten nicht nur TikTok, sondern auch Twitter, Instagram und Facebook. Fans koreanischer Popmusik, auch K-Pop genannt, haben eine massive, koordinierte Online-Gemeinschaft, der ein spitzer Sinn für Humor nachgesagt wird. Sie erwiesen sich jüngst als unerwartete Verbündete der Black-Lives-Matter-Bewegung ("Schwarze Leben zählen") gegen rassistische Polizeigewalt in den USA.

Trump-Team dementiert

Trumps Wahlkampfmanager Brad Parscale sagte CNN, "Linke und Online-Trolle" bildeten sich ein, einen Einfluss auf die Teilnehmerzahl von Trump-Kundgebungen zu haben. Sie lägen damit aber falsch. Vor der Kundgebung in Tulsa seien Zehntausende falsche Handynummern aussortiert worden. Laupp beispielsweise hatte allerdings zur Registrierung mit der eigenen Handynummer aufgerufen - und darauf verwiesen, dass man Textnachrichten von Trumps Wahlkampfteam danach jederzeit wieder abbestellen könne.

Trumps Wahlkampfberaterin Mercedes Schlapp machte am Sonntag im Sender Fox News Demonstranten für die ausgebliebenen Besucher verantwortlich. Fox-News-Moderator Chris Wallace lieferte sich daraufhin einen hitzigen Schlagabtausch mit Schlapp. Er sagte, Demonstranten hätten Unterstützer nicht von der Teilnahme abgehalten. "Es lässt euch Leute albern aussehen, wenn ihr die Realität dessen verleugnet, was passiert ist."

Trump wie üblich ohne Maske

Es war Trumps erste Kundgebung seit Beginn der Corona-Krise in den USA Anfang März. Teilnehmer mussten sich bei der Registrierung damit einverstanden erklären, dass die Organisatoren nicht für eine Covid-19-Erkrankung und mögliche Folgen haftbar gemacht werden. Vor der Kundgebung wurden sechs Mitarbeiter des Wahlkampfteams positiv auf das Coronavirus getestet, wie Kommunikationsdirektor Murtaugh mitteilte. Trump selber trug wie üblich keine Maske bei seinem Auftritt. Biden warf Trump vor, Menschen zu gefährden, um seinen Wahlkampf wieder aufzunehmen.

Tulsa verzeichnete am Tag vor der Kundgebung die meisten Infektionen seit Beginn der Corona-Pandemie: 136 neue Fälle wurden registriert, wie die örtliche Gesundheitsbehörde mitteilte. Im Bundesstaat Oklahoma insgesamt sieht es ähnlich aus: Nach der Statistik der Johns-Hopkins-Universität sind auch dort die Neuinfektionen in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. Mehr als 20 weitere US-Bundesstaaten verzeichnen eine Zunahme.

"Weniger Tests, weniger Fälle"

Unter dem Applaus seiner Anhänger sagte Trump, er habe seine Mitarbeiter dazu aufgerufen, Coronavirus-Tests einzuschränken, damit die Infektionszahlen in den USA nicht steigen. Die inzwischen ausgeweiteten Tests seien "ein zweischneidiges Schwert". Er fügte hinzu: "Wenn man in diesem Ausmaß testet, wird man mehr Menschen finden, man wird mehr Fälle finden, also habe ich meinen Leuten gesagt: "Verlangsamt bitte die Tests"." Aus dem Weißen Haus hieß es auf dpa-Anfrage, Trump habe "offensichtlich gescherzt".

Rassistischer Scherz: "Kung Flu"

Trump verglich das Coronavirus erneut mit einer Grippe - auf englisch "Flu". Der Präsident sagte, er kenne für das "chinesische Virus" verschiedene Namen, darunter "Kung Flu". In den USA wurden seit Beginn der Pandemie nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität mehr als 2,25 Millionen Coronavirus-Infektionen registriert. Rund 120.000 Menschen kamen demnach ums Leben.

Trump trinkt mit einer Hand

Trump rechtfertigte sich über Minuten hinweg dafür, dass er bei einem Auftritt in der Militärakademie West Point am vorvergangenen Samstag unsicher wirkte, als er eine Rampe herunterging. Die Rampe sei aus Stahl und ohne Geländer gewesen, er habe rutschige Schuhe mit Ledersohlen angehabt, sagte der 74-Jährige. Dass er in Westpoint sein Wasserglas mit beiden Händen zum Mund führte, sei daran gelegen, dass er seine Seidenkrawatte nicht bekleckern habe wollen. In Tulsa trank er demonstrativ mit einer Hand.

(APA)

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