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Trotz Chaos und Stress: Mourn konnte in Wien überzeugen

Im Fluc sorgte am Mittwoch die Band Mourn für Stimmung.
Im Fluc sorgte am Mittwoch die Band Mourn für Stimmung. ©FOTO: APA/HERBERT P. OCZERET
Mittwochabend sorgte die Rockband Mourn für Stimmung im Wiener Fluc. Erlebt haben die jungen Musiker schon einiges: schräge Touren, plötzlicher Erfolg und viel Wiederstand.

Sie sind zwar gerade erst mal Anfang 20, haben aber schon einiges erlebt: Die katalanische Rockband Mourn kann von schrägen Tourerlebnissen, plötzlichem Erfolg und großen Widerständen erzählen. Am Mittwochabend gab das Quartett sein Wiendebüt im Fluc und lieferte eine kompakte, mehr als überzeugende Show. So unprätentiös und direkt wie ihre Songs präsentierten sich auch die Musiker selbst.

Schwieriger Anfang von Mourn

Das mag daran liegen, dass die Vier lange keine Zeit hatten, live aufzutreten. “Wir haben alles durchgemacht. Immerhin waren wir zwei Jahre verschwunden”, erzählte Drummer Antonio Postius vor dem Auftritt im APA-Gespräch. Ein handfester Disput mit ihrem spanischen Label zwang Mourn ab Ende 2015 zum Nichtstun. Eine erfolgreiche erste Platte, das zweite Album bereits im Kasten – und dann Däumchendrehen. Während “Ha, Ha, He!” international vertrieben wurde, herrschte in der spanischen Heimat Funkstille.

Aber nicht nur das: Das Label wollte auch die US-Kontakte der Band, also zu dortiger Plattenfirma und Booker, kappen. “Sie haben ihnen geschrieben, dass wir nicht mehr mit ihnen arbeiten. Wir dachten nur: Verdammt, was soll das?”, so Gitarristin und Sängerin Jazz Rodriguez. “Wir hatten einfach kein Vertrauen mehr, es gab so viele Probleme, alles drehte sich um Kontrolle. Wahrscheinlich wollten sie uns wehtun, weil sie realisiert haben, dass wir auch ohne sie auskommen.”

Die Auseinandersetzung wurde letztlich vor Gericht geklärt. Die Rechte für das Debüt liegen nun zwar beim alten Label, aber ansonsten können sich die Mitglieder von Mourn als “frei” bezeichnen. Bis dahin war es ein langer, nervenaufreibender Weg. “Es war so deprimierend”, betonte Rodriguez. “Zuerst bist du wütend, dann traurig, und irgendwann ist es dir beinahe egal. Du hast keine Emotionen mehr.” In der Zeit ist auch das neue, im Frühjahr erschienene Album “Sorpresa Familia” entstanden – eine oft wütende Abrechnung mit den alten Verpflichtungen.

Mourn überzeugt trotz Wiederstände in Wien

Dass die Energie, die Freude nun “Stück für Stück” zurückkommt, wie die Sängerin erzählte, konnte man auch live erleben. Zum Einstieg versammelte sich die Band um Postius’ Schlagzeug, drosch wie bei einem Ritual auf die Felle ein, um dann in den energetischen Albumopener “Barcelona City Tour” abzubiegen. “We’re ashamed, you’re ashamed!”, brüllten darin Rodriguez und Kollegin Clara Perez – ein Rundumschlag, der die eigene Naivität in gewissen Dingen wohl ebenso zum Ziel hatte wie schlechte Einflüsse von außen.

Wut und Melancholie waren in weiterer Folge die beiden Extreme, zwischen denen Mourn – allesamt in rot-schwarzer Kleidung ein deutliches Bewusstsein für Inszenierung offenbarend – pendelte. In den meist knapp zweiminütigen Songs war Postius der stets treibende Motor, während Rodriguez und Perez um die Gitarrenriffs der jeweils anderen tänzelten und die Tourbassistin (Stammmitglied Leia Rodriguez verfolgt gerade ihre Schauspielkarriere) für den nötigen Groove sorgte.

Der Neustart, den Mourn mit “Sorpresa Familia” und dieser bereits seit Mitte Oktober laufenden Tour hingelegt haben, er ist mehr als vielversprechend. Auch wenn Rückschläge, wenngleich in milderer Form, wohl zum Musikerleben dazugehören. “Wir waren jetzt zum ersten Mal in Skandinavien. Aber wir wussten nicht, dass dort Winterreifenpflicht herrscht”, schmunzelte Rodriguez. Mit schmalem Budget ausgestattet, ist die Band nämlich mit dem Van ihres Vaters unterwegs. “Also wollten wir uns in Malmö Schneeketten besorgen. Nur klappte das nicht. Ein Typ vom Venue wollte uns dann seine Winterreifen leihen. Das klappte auch nicht. Wir dachten nur: Müssen wir jetzt sterben?”, lachte die quirlige Musikerin.

Was nach Spaß klingt, hat aber natürlich einen ernsten Hintergrund. “Wenn du 600 Euro für Winterreifen ausgeben musst, kann dich das zurückwerfen”, so Perez. “Fast konnten wir diese Shows nicht spielen.” Letztlich ging man das Risiko ein und fuhr mit dem für Spanien gedachten Untersatz durch Schweden und Norwegen. “Zum Glück hat das Wetter gepasst”, lachte Perez. “Immerhin wird dir dort ja auch vorgeschrieben, dass du eine Schaufel mitnehmen musst. Ernsthaft?” Dem Reifenchaos und Labelstress zum Trotz: Mourn wird man weiterhin im Auge behalten müssen.

(APA/Red)

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