Türkisches Volk muss über Verfassungsreform entscheiden
Vorgeschlagene Änderungen der 1982 vom damaligen Militärregime diktierten Verfassung bekamen zwar eine Mehrheit von mindestens 330 Stimmen, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi am Freitag. Allerdings wurde die für eine Billigung notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit von 367 Stimmen verfehlt.
Ein Artikel, der künftig Parteienverbote erschweren sollte, war bereits am vergangenen Montag ganz durchgefallen. Die Abstimmung wurde am Freitag beendet.
Die islamisch-konservative AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will mit der Änderung von insgesamt 27 Artikeln Machtbefugnisse des Parlamentes stärken und Rechte der Bürger in der Türkei ausbauen. Zugleich soll die Macht von einigen staatlichen Institutionen beschnitten werden, die weitgehend von der Opposition kontrolliert werden. Die Änderungen gelten als eine Voraussetzung auf dem Weg zu einer Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union.
Erdogan hatte bereits am Donnerstag angekündigt, er wolle die Verfassungsreform mit einer Volksabstimmung gegen den Widerstand der Opposition durchsetzen. “Wir haben unsere Kampagne, unsere Vorbereitungen begonnen. Wir wenden uns an das Volk”, sagte der Premier, als sich das Ergebnis der Abstimmung bereits klar abzeichnete.
Im Juli 2008 hatte die AKP selbst ein vom Generalstaatsanwalt angestrengtes Verbotsverfahren knapp überstanden. Der Ankläger hatte die Partei beschuldigt, Pläne für eine schrittweise Islamisierung zu verfolgen. Das türkische Verfassungsgericht folgte dem nicht, verwarnte die Partei aber. Das Gericht beschloss, die staatlichen Finanzhilfen, die die Partei zuletzt erhalten hatte, um die Hälfte zu kürzen.