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Trimley: Kleines Dorf in Aufregung

Ein kleines Dorf erlebt die aufregendsten Tage seiner Geschichte. Die Bewohner von Trimley sind geschockt von den Nachrichten des "Ipswich-Ripper" und zweifeln an den Ermittlungen.

Eigentlich hatte das kleine Dörfchen Trimley schon am Montag gedacht, den aufregendsten Tag seiner Geschichte zu erleben. Da wurde aus seiner Mitte ein 37-Jähriger unter dem schrecklichen Verdacht festgenommen, der Mörder von fünf Prostituierten aus dem benachbarten Ipswich zu sein. Die Polizei gab sich siegesgewiss, Zweifel wurden offiziell nicht zugelassen.

Doch kaum war die unfassbare Nachricht verdaut, wurde es am Dienstag früh noch verrückter: Die Polizei nahm im nahe gelegenen Ipswich einen weiteren Mann fest, nun soll er auf einmal der Täter sein. Den Bewohnern von Trimley käme das Recht: Sie wollen den Namen ihres Ortes nicht mit dem „Ipswich-Ripper“ im Zusammenhang sehen.

„Ich habe immer hier auf dem Land gelebt“, erzählt Pearl Wooby. Die 78-Jährige beschreibt das Leben in der südostenglischen Grafschaft Suffolk als „angenehm ruhig“. In Trimley sei immer alles beschaulich gewesen, alle seien über die Festnahme des Verdächtigen Tom Stephens erschüttert. Kein anderes Thema mehr gibt es in den Straßen, auf denen die anheimelnde Beleuchtung des liebevoll aufgehängten Weihnachtsschmuckes nicht gegen das grelle Licht der unzähligen Fernsehkameras ankommt. Und die in weiße Schutzanzüge gehüllten Forensiker vor dem Haus des am Montag Festgenommenen wirken in Trimley ein bisschen wie Außerirdische.

„Wir sind nur ein kleines Dorf, niemand hätte sich je vorstellen können, dass so etwas passiert“, sagt Anne. Die Pensionistin führt ihren Hund spazieren und will ihren Nachnamen lieber nicht nennen: „Ich lebe allein, und wer weiß, ob sie den Richtigen haben.“ Zwar habe sie keine Albträume, betont Anne. „Aber Sorgen mache ich mir schon.“

Ron Hodgson wiederum kann stolz sein, er hatte schon am Montag Zweifel daran, dass sein Nachbar der Täter ist. Irgendetwas stimme da nicht, sagte der Trimley-Bewohner. „Mit seinen Interviews hat der doch die Polizei geradezu aufgefordert, zu ihm zu kommen.“ Das sei irgendwie zu offensichtlich gewesen. In den Interviews hatte Stephens unter anderem angegeben, alle fünf rings um Ipswich getöteten Prostituierten zu kennen und für die Tatzeiten kein Alibi zu haben. Für dieses Interview habe Stephens möglicherweise Geld bekommen, vermutet Hodgson.

Auch Rachel Spalding hatte nach der ersten Festnahme so ihre Zweifel. Sie war am Montagabend mit drei Freunden aus einem Nachbarort nach Trimley gekommen, um sich den ganzen Rummel anzuschauen. „Ich glaube, die Polizei hat einfach zu schnell zugeschlagen. Sie wollten unbedingt jemanden haben, um die Öffentlichkeit zu beruhigen.“ Sie jedenfalls werde weiter vorsichtig sein, sagt die 23-Jährige – und hat offenbar Recht: Die hochseriöse Tageszeitung „Times“ zitierte am Dienstag einen Ermittler mit den Worten, die Wahrscheinlichkeit stehe weniger als 50 Prozent, dass Tom Stephens tatsächlich der Prostituiertenmörder sei.

Ob nun der am Dienstag festgenommene zweite Verdächtige wirklich der Täter ist, blieb zumindest zunächst unklar. Der 48-Jährige wurde nach Polizeiangaben am frühen Morgen gegen 5.00 Uhr in seiner Wohnung in Ipswich gefasst. „Er wurde unter dem Verdacht festgenommen, alle fünf Frauen getötet zu haben“, sagte Chefermittler Stewart Gull. Genau das Gleiche hatte er am Montag über Tom Stephens verkündet.

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