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Trauma: Ein neues Leben beginnen

Vor 1 Jahr entkam Kampusch aus dem „Gefängnis“. Die Jugend-Psycho-Traumatologie kennt für den psychischen Heilungsprozess nach einer solchen seelischen Verletzung keine generellen Regeln.

Doch am Ende einer längeren Entwicklung kann eine – wenn auch nicht narbenlose – Heilung stehen. Dies sagte der Wiener Psychiater Stephan Rudas – ohne auf den Einzelfall direkt einzugehen – in einem Gespräch mit der APA.

„So etwas ist ein schweres Trauma, ein lang einwirkendes Trauma – und das in einem sehr verletzbaren Lebensabschnitt“, erklärte der Experte auf die Frage, was an Bewältigungsmöglichkeiten innerhalb eines Jahres existieren würde. Eine generelle Regel, was die menschliche Psyche innerhalb eines bestimmten Zeitraumes verarbeiten könne, gebe es jedenfalls nicht.

Die Situation des Betroffenen hängt laut Rudas von drei Faktoren ab: „Wie bei jeder Wundheilung geht es um die Frage, ’welche Wunde und wie tief?’. Was konnte in wichtigen Phasen der Entwicklung (als Kind und Jugendlicher, Anm.) nicht erfolgen, was konnte erfolgen? Und schließlich: Was war an Hilfe nach dieser Verwundung möglich?“

Die Konsequenz daraus ist sozusagen das Arbeiten auf drei verschiedenen Schienen. Der Chefarzt des Psychosozialen Dienstes Wiens: „Es geht erstens um die Verarbeitung, was geschehen ist. Es geht darum, nachzuholen, was versäumt worden ist. Und es geht darum, ein neues Leben zu beginnen.“

Die Aufgabe der Betreuer des Betroffenen sei es, jeweils herauszufinden, wo zu unterschiedlichen Zeiten die Prioritäten in diesen Aufgaben liegen sollten. Rudas: „Da gibt es keine allgemeine Regel.“

Optimismus in Sachen Verarbeitungskapazität der menschlichen Psyche auch nach schwersten Verletzungen ist angesagt. Der Experte: „Die historische Literatur sagt: Es können auch allerschwerste Wunden gut heilen. Es geht nicht um eine narbenlose Heilung. Es geht nicht darum, das Erlebte ungeschehen zu machen, sondern in einem wieder möglichst normalen Alltag als Teil der Persönlichkeit zu integrieren. Und dabei geht es nicht um Eile, es geht um Entwicklung.“

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