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Trafikantin niedergeschossen, Opernsänger erschlagen

Angestellte starb nach monatelangem Siechtum - der 19jährige Nikola T. bestreitet die Tötungsabsicht. Ihm drohen 15 Jahre Haft.

„Ein netter, junger, fast sympathischer Mann“ – mit diesen Worten präsentierte Verteidiger Gunther Gahleithner heute, Dienstag, den Geschworenen im Wiener Jugendgericht den mittlerweile 19-jährigen Nikola T. Dieser hatte am 15. April 1998 eine Trafik in Wien-Alsergrund überfallen und dabei der Angestellten in den Hals geschossen. Nach monatelangem Siechtum erlag die seitdem an den Rollstuhl gefesselte 48-jährige Frau ihren Verletzungen. Das zweite Anklagefaktum betraf die Bluttat am pensionierten Opernsänger Fritz K.

Der 78-jährige Mann hatte Nikola T. in der Nacht auf 23. Juli 1998 in einem Ottakringer Park kennengelernt. Er nahm ihn mit in seine Wohnung, servierte ihm dort Toast und Eierspeise und gab ihm eine Sekt-Wodka-Mischung zu trinken. Anschließend kam es zu Intimitäten, die der verheiratete Nikola T., der bereits Vater einer zweijährigen Tochter ist, seinen Angaben nach aus Neugierde mitmachte.

Als jedoch der Gastgeber spezielle Wünsche äußerte, entzündete sich ein Streit. Der Bursch zückte ein Fischermesser und rammte es dem alten Mann ins Genick. Dann holte er aus der Küche ein Fleischerbeil und schlug es dem Schwerverletzten mehrfach auf den Kopf. Dessen Bitte, doch die Rettung zu holen, ignorierte Nikola T. Um Fritz K. am Aufstehen zu hindern, stellte er vielmehr einen Sessel über ihn und begann neuerlich auf ihn einzustechen, wie er in der Verhandlung unumwunden zugab.

„Ich wollte ihn verletzen, nicht töten. Ich habe mich vor mir selber gegraust. Was er wollte, wurde mir zu viel“, sagte der Angeklagte. Er habe nicht aufhören können, „weil ich Angst hatte. Ich kann es nicht so gut erklären, es war für mich eine Ausnahmesituation.“

Während dieses Faktum als absichtliche schwere Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt ist, spricht Staatsanwältin Andrea Zelloth-Jennach beim Überfall auf die Trafik von Raubmord. Er habe damals dringend Geld für Drogen gebraucht, rechtfertigte sich dazu der Beschuldigte. Er sei seit seinem 13. Lebensjahr süchtig. „Ich habe gekracht. Ich musste mir etwas beschaffen, ich habe es nicht mehr ausgehalten“, meinte Nikola T. Die Trafikantin reagierte jedoch anders, als der Jugendliche erwartet haben dürfte. „Du kannst mich gern haben“, beschied sie ihm laut Aktenlage. „Tut mir leid, dann muss ich schießen“, antwortete der Täter und drückte ab.

„Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie stirbt“, beteuerte er. In den Nächten nach dem Raub habe er nicht einschlafen können: „Ich hatte so schlechte Träume.“ Ein Geschworener zeigte wenig Verständnis: „Wenn ich jemanden aus einem Meter niederschieß’, muss ich damit rechnen, dass er stirbt.“

Im Falle eines Schuldspruchs drohen dem 19-Jährigen bis zu 15 Jahre Haft.

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