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Träume eines (österreichischen) Finanzministers

Gastkommentar von Silvia Jelincic: Wenn Politiker von ihrer Arbeit nichts verstehen, so schmerzt das ganz besonders. Michael Spindelegger ist so ein Fall. Einer von vielen. Eine zusätzliche Milliarde will unser Finanzminister aufstellen, fragt sich nur, wie. Fragt sich nur, woher. Ach ja, genau, die Hoffnung auf eine bessere Wirtschaftslage soll sie ihm bringen. Jetzt mal im Ernst: Wo lebt „Spindi"? Richtig! Im Träumeland!

Wenn er aufwacht, was nicht sicher ist, sollten wir ihm folgendes sagen: Die gesamte Eurozone wächst derzeit nur dank Deutschland! 0,8 Prozent ist unser Nachbar in den ersten drei Monaten des Jahres gewachsen – dank einer guten Inlandsnachfrage. In Österreich sieht es anders aus: 0,3 Prozent gab es hier nur. „Zaghaft”, meint dazu Wifo-Experte Marcus Scheiblecker und hofft, dass sich am Ende des Jahres noch 1,7 Prozent Plus ausgehen. Nun, wetten würde ich nicht darauf. Die Zeiten, wo Österreich als „das bessere Deutschland” gefeiert wurde, sind vorbei, meint auch Ulrich Schuh (EcoAustria).

Die Fakten

Die Arbeitslosigkeit wird mangels der nötigen Wachstumsraten weiter steigen, Jobs gibt es wenige, die Wirtschaft schwächelt anhaltend. Und, auch zu erwähnen: Laut Eurostat hat Österreich derzeit mit 1,6 Prozent eine der höchsten Inflationsraten im Euroraum. Das Absurde daran: Spindelegger reagiert mit einem Schröpfkurs und will uns noch höhere Lohnsteuern aufbrummen (obwohl den Leuten angesichts der hohen Inflation ohnehin immer weniger bleibt). Das stößt auch Kathrin Nachbaur (Team Stronach) übel auf. Die studierte Juristin und Wirtschaftsexpertin sagt im Gespräch mit vienna.at, dass es anstrengend sei, eingesessenen Politikern etwas von Wirtschaft zu erklären. Sie hätten teils kein Interesse daran, etwas zu verbessern und teils auch nicht die fachliche Befähigung dazu. „Stattdessen gibt es verschärft Steuerprüfungen, um den Menschen noch mehr wegzunehmen.” Nachbaur nimmt sich die Sache offenbar zu Herzen, man merkt, dass sie noch mit Idealen an die Sache herangeht und glaubt, mit Zahlen, Fakten und innovativen Ideen etwas in diesem Land bewirken zu können. Nun, sag niemals nie. Vielleicht passiert ein Wunder. Doch derzeit sieht es nicht danach aus. Machterhalt, Freunderl- und Vetternwirtschaft sind wichtiger als Österreich vor einem erdrückenden Schuldenberg zu bewahren.

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