AA

Tradition in Schwarz-Gelb

Bezau – An diesem Samstag hängt Werner Beer in aller Herrgottsfrüh seinen erlernten Brotberuf als Elektrotechniker an den Nagel und packt die Uniform ein.

Mit 33 Kameraden setzt er sich in einen Autobus und fährt nach Wien. Das Vorarlberger Traditionsschützenregiment darf nicht fehlen, wenn sich der Trauerkondukt hinter den Särgen von Otto und Regina Habsburg Richtung Kaiser-gruft in Bewegung setzt.

Zwölf Kompanien im Land

Es ist natürlich größer, das Regiment. Zur Zeit zählt es 490 Mann, gegliedert in drei Bataillone bzw. zwölf Kompanien. Wenn Beer nicht gerade als „arbeitender Pensionist“ Fernseher repariert – „der Sohn hat das Geschäft übernommen“ – dann trägt er bevorzugt die himmelblaue Uniformjacke der Tiroler Kaiserjäger. Beer ist Major und Bataillonskommandant. Und neuerdings auch „Verbindungsoffizier West zum Verband mitteleuropäischer Traditionsschützen“. Warum tut er das? Weshalb tragen sie Uniformen von Verbänden, die 1918 aufgelöst wurden? Warum reisen sie 700 Kilometer weit, nur um in Wien stundenlang bei brütender Hitze unter Tausenden Menschen die schweren Karabiner zu schultern? Aber da könnte man auch einen Fußballer fragen, weshalb er auf den Ball eindrischt. Vielleicht, weils ihm Spaß macht? So eine Antwort ließe Major Beer nicht gelten. Statt dessen erzählt er von seiner Bezauer Schützenkompanie, die 1796 gegründet wurde. Damals standen die Franzosen im Land. Die napoleonischen Kriege brachten aufklärerisches Gedankengut über den Arlberg. Da baten die Pfarrer die Männer ihrer Dörfer um „Schutz für das Allerheiligste“. Die Schützenkompanien Tirols und Vorarlbergs fußen auf einem Gelübde, das bis heute Jahr für Jahr erneuert wird. Deshalb kommt es Werner Beer gar nicht komisch vor, wenn er den schwarzen Federnhut aufsetzt. Er muss nicht nach Ausreden suchen, um den blankpolierten Säbel umzuschnallen. Dass ausgerechnet er „als Zugereister, ich komm nämlich aus Mellau“, schon 1978 von den Bezauern zum Oberschützenmeister gewählt wurde, erzählt er mit Stolz. 1984 hat er die einst dem Kaiser treue Kompanie wieder gegründet. Heute zählt sie 26 Mitglieder, deren Karabiner geölt und in bester Verfassung in einer Art privatem Zeughaus auf den nächsten Einsatz warten. Nein, Karneval sieht anders aus. „Kameradschaft, Verlässlichkeit, Treue zur Heimat“ findet Beer in den eigenen Reihen und „einen gesunden Patriotismus“. Ungesund würde er dann, wenn er fanatische Züge annähme. Aber Beer ist kein Monarchist. Otto Habsburg schätzte er. Dessen Mutter Zita „bin ich zwei Mal begegnet“. Sie besuchte ihre Schwester im Heim in Gaißau. „Wir hatten unseren Onkel dort.“ Werner und seine Frau haben nicht mit der ehemaligen Kaiserin gesprochen. „Wir haben uns leicht verneigt, und sie hat den Gruß erwidert.“ Wenn Otto Habsburg heute über die Schwelle der Kaisergruft getragen wird, nimmt Major Werner Beer mit seinen 33 Kameraden Haltung an.

ZUR PERSON

Werner Beer reist heute mit 33 Schützen nach Wien zu Habsburgs Begräbnis. Geboren: 1941 Ausbildung: Elektrotechniker Laufbahn: seit 1966 selbstständig Familie: verheiratet, drei Kinder

  • VIENNA.AT
  • VN-Menschen
  • Tradition in Schwarz-Gelb
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen