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Touristen bleiben Tropenparadies fern

Blau schimmert das Wasser bis zum Horizont und Palmen wiegen sich im Wind. Während Europa unter Schmuddelwetter leidet, scheint die Tropensonne über Sri Lanka und den benachbarten Malediven.

Zu Weihnachten ist in der Region Hochsaison – eigentlich. Vor einem Jahr waren die Hotels lange vor Dezember ausgebucht, doch dann brachen die Flutwellen über die asiatischen Stränden herein. Während der Tourismus im betroffenen Südwesten Thailands seine Wiederauferstehung zu erleben scheint, bleiben viele Urlauber Sri Lanka und den Malediven fern – obwohl die meisten Tsunami-Schäden längst beseitigt wurden.

Zwar weist die offizielle Statistik in Sri Lanka in den ersten zehn Monaten des Jahres sogar eine Zunahme der Touristenzahlen um 3,4 Prozent auf knapp 450.000 Besucher aus – doch die Zahlen trügen: Die nach dem Tsunami massenhaft eingereisten Helfer und Journalisten wurden bei der Einreise monatelang als Touristen erfasst. „Wir spüren die Auswirkungen des Tsunami immer noch sehr extrem“, sagt Michael Weyland, der deutsche Manager des Hotels Lanka Princess in Aluthgama, in dem keine Tsunami-Schäden mehr zu sehen sind. „Die Situation ist nach wie vor in keinster Weise erfreulich.“

Seit der Katastrophe blieben die Urlauberzahlen um rund 50 Prozent unter denen des Vorjahres, klagt Weyland. „Weihnachten und Silvester werden wir hier keine 100 Gäste haben“ – statt der früher üblichen 200. Bittere Folgen hat das Ausbleiben der Urlauber für die Einheimischen, die an der Südküste von kaum etwas anderem als von Fischfang und Tourismus leben können. Am 26. Dezember 2004, dem Tag, an dem die Wellen kamen, beschäftigte das Hotel 356 Menschen. Heute sind es noch 270 – „und auch das ist eigentlich zu viel“, sagt Weyland. „Wir machen das nur noch aus Sozialverantwortung, von jedem Gehalt hier müssen zehn Menschen leben.“

Auch für viele Malediver ist der Tourismus eine echte Überlebensfrage:©Der Wirtschaftszweig macht ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts aus. Auf der Inselkette wurde im vergangenen Dezember noch ein Rekord aufgestellt, der 600©000. Besucher des Jahres bekam eine Woche Gratis-Urlaub geschenkt – dann schlug der Tsunami zu. Weitere Rekorde sind seitdem in weite Ferne gerückt, das Tauchparadies verzeichnete in den ersten zehn Monaten dieses Jahres einen Einbruch der Besucherzahlen um rund 40 Prozent auf nur noch gut 300©000. Ohne eine aggressive Werbekampagne der Tourismusbehörde nach der Katastrophe wären die Zahlen noch schlechter ausgefallen, glaubt der Botschafter der Malediven in Sri Lanka, Mohamad Asim.

„Die Deutschen haben nicht die schönen realistischen Bilder vor Augen, sondern die der Katastrophe vom 26. Dezember“, sagt Weyland. „Dabei sieht es an den Urlaubsstränden tendenziell aus wie vor dem Tsunami.“ Die Regierung in Colombo habe zu wenig unternommen, das Bild zu korrigieren – für Weyland einer der Hauptgründe, dass die Urlauber ausbleiben. Auch auf den Malediven dürfte die Nachricht, dass die Flutwellen 69 der 199 bewohnten Inseln komplett überspülten, potenzielle Besucher abgeschreckt haben. Dabei operieren dort schon lange fast alle Hotels wieder so, als wäre nichts gewesen.

Zu den Urlaubern, die trotzdem nach Sri Lanka gefahren sind, gehört die 37 Jahre alte Petra Schröder. „Ich finde es toll, dass der Lebenswille der Menschen hier nicht gebrochen wurde.“ Begleitet wird sie von ihrer 71 Jahre alten Mutter Ursula Schröder aus Langen bei Frankfurt/Main. „Der Tsunami hat mich nicht abgeschreckt“, sagt die rüstige Rentnerin. „Im Gegenteil: Er hat mich eher dazu bewogen, hierhin zu fahren. Die Menschen hier leben doch von den Urlaubern.“

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