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Totalverlust war für Elsner "wie ein Donnerschlag"

Der so genannte Totalverlust im Oktober 1998, der die BAWAG umgerechnet 468 Mio. Euro gekostet hatte, war für den damaligen Generaldirektor Helmut Elsner "wie ein Donnerschlag".

Das gab er am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht zu Protokoll, als es um die kurzfristig anberaumte Vorstandssitzung am 23. Oktober 1998 in einem Zimmer der Bayerischen Landesbank in München ging, wo Elsner erstmals den gesamten BAWAG-Vorstand in die aus den Flöttlschen Spekulationsgeschäften resultierenden Verluste einweihte. Wolfgang Flöttls Misserfolg sei „für alle“ ein Thema gewesen, betonte Elsner: „Nicht nur für uns. Auch für die Wall Street.“

Zweifel am Ausmaß der Verluste, die er von Flöttl zunächst nur mündlich mitgeteilt bekam, habe er keine gehabt, sagte Elsner. Es sei klar gewesen, dass es sich „um eine äußerst ernste Angelegenheit“ handelte. Weniger des unmittelbar verlorenen Geldes wegen, denn Elsner fürchtete vielmehr bei Bekanntwerden der Verluste in Folge entsprechender Medienberichte „einen Run auf die Bank, den wir nicht abwehren hätten können“.

„Ich habe den Vorstand über den mir mitgeteilten Schaden informiert. Der war natürlich entsetzt, genau so wie ich entsetzt war“, erinnerte sich Elsner an die Sitzung in München. Er habe seinen Vorstandskollegen auch Flöttls Bereitschaft signalisiert, sein Vermögen „einzubringen“. Am darauf folgenden Wochenende habe man sich informell in seiner Wohnung getroffen, um eine für den 26. Oktober anberaumte Vorstandssitzung in der BAWAG vorzubereiten, führte Elsner aus: „Es ist darum gegangen, wie dieser Schaden bilanziert werden sollte, und darüber zu beraten, wie man damit umgeht.“

An diesem Treffen in Elsners privaten Räumlichkeiten nahmen laut Elsner die Vorstandsmitglieder Johann Zwettler und Josef Schwarzecker sowie der damalige BAWAG-Generalsekretär Peter Nakowitz teil. Christian Büttner, ebenfalls im Vorstand, „war verschollen“, so Elsner. Büttner konnte telefonisch nicht erreicht werden, da er am Semmering wandern war, um sich offensichtlich von den Offenbarungen vom 23. zu erholen. „Ich war noch immer unter Schock“, gab Büttner dazu auf Befragen von Richterin Claudia Bandion-Ortner an.

Hubert Kreuch war im Unterschied zum übrigen Vorstand gar nicht in Elsners Wohnung gebeten worden. „Ich vernehme den Termin erst jetzt“, stellte Kreuch im Großen Schwurgerichtssaal klar. Für ihn sei das Treffen in München „schockierend“ gewesen, dessen Inhalt ihn „beinahe umgeworfen hätte“, hielt Kreuch fest. Für ihn sei am 23. Oktober klar gewesen, „dass die Existenz der Bank am Spiel stehen kann“.

Kreuch versuchte ebenfalls, diese Entwicklung beim Wandern zu verarbeiten. Während sich Elsner, Zwettler, Nakowitz und Schwarzecker über die weiteren Strategien unterhielten, suchte Kreuch am Wochenende vor der Sitzung am 26. Oktober Ablenkung in der Natur. „Das Nachdenken über diese Verlustinformation ist nicht einfach zu verarbeiten im Kopf. Ist das ein Märchen, das da einem erzählt wird? Das geht einem alles durch den Kopf. Die Grundinformation habe ich ja gehabt: Wir haben dieses Investment gemacht, und es ist den Bach hinunter gegangen“, ließ Kreuch das Gericht an seinem damaligen Gedankengängen teilhaben.

Als Kreuch im Zusammenhang mit den Besprechungen in Elsners Wohnung den Ausdruck „Reparatur“ in den Mund nahm, protestierte Elsner: „Das ist ein terminus technicus, der mir nicht gefällt! Aus meiner Sicht ist es um keine Reparatur gegangen. Es ist ja nichts kaputt gegangen! Es ist Geld verloren gegangen. Das Wort ’Reparatur’ gehört nach meinem Sprachgefühl eher zu einem Automechaniker.“

In Bezug auf den Termin in Elsners Wohnung stellte Zwettler fest: „Es wurde über eine Stunde gesprochen und überlegt, was man tun kann. Es war die zweite Welle nach dem Schock, ohne dass man einen konkreten Plan gehabt hätte.“ Laut Schwarzecker soll Zwettler aber bei dieser Gelegenheit bereits Stiftungen „angedacht“ haben, um die BAWAG. „Es wurde gesagt, Zwettler hätte eine Idee, wie das funktionieren könnte“, deponierte dazu Schwarzecker im Verhandlungssaal.

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