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Ton zwischen Türkei und Deutschland wird rauer - "Wir sind nicht auf dem türkischen Basar"

Schwere Belastungsprobe für Beziehung zwischen Türkei und EU.
Schwere Belastungsprobe für Beziehung zwischen Türkei und EU. ©AP
Die bayerische CSU hat das türkischen Drohen mit einer Aufkündigung des EU-Flüchtlingspakts scharf zurückgewiesen."Drohungen und Ultimaten - der neue Stil der Erdogan-Türkei. Wir sind bei der Erfüllung der 72 Kriterien für die Visafreiheit nicht auf dem türkischen Basar", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer am Montag.
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Kern übt scharfe Kritik an Erdogan

“Visafreiheit für die Türkei ist in der aktuellen Lage völlig ausgeschlossen. Die EU muss jetzt klare Verhältnisse schaffen.” Die Türkei droht der Europäischen Union ultimativ mit der Aufkündigung des Flüchtlingspakts, wenn türkischen Reisenden nicht zügig Visafreiheit gewährt wird. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (Montag): “Wenn es nicht zu einer Visaliberalisierung kommt, werden wir gezwungen sein, vom Rücknahmeabkommen und der Vereinbarung vom 18. März Abstand zu nehmen.”

Seine Regierung erwarte einen konkreten Termin für die zugesagte Visumfreiheit. “Es kann Anfang oder Mitte Oktober sein – aber wir erwarten ein festes Datum.”

Kritik an Ankara kam auch vom CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt. Er wies das Ultimatum der türkischen Regierung im Visastreit mit der EU zurück und zeigte sich skeptisch über eine von der Türkei geforderte Einigung bis Oktober. “Ich glaube nicht, dass die Visaliberalisierung unter den Bedingungen des ausgerufenen Notstands in der Türkei möglich sein wird”, sagte Hardt der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Die türkische Regierung hatte Mitte Juli einen dreimonatigen Notstand ausgerufen, er gilt damit bis mindestens Mitte Oktober.

“Regeln sind der Türkei seit langem bekannt”

Hardt verwies darauf, dass es allein an der Türkei liege, die Voraussetzungen für die Visaliberalisierung mit der EU zu erreichen. “Die Regeln sind der Türkei seit langem bekannt. Sie gelten für alle Aspiranten auf Visafreiheit”, betonte der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion. “Von ihnen kann im Interesse der Sicherheit Europas auch nicht abgewichen werden. Die türkische Regierung hat es also selbst in der Hand, die Bedingungen zu erfüllen.”

Der CDU-Europapolitiker Michael Gahler forderte im Deutschlandfunk, die EU-Kommission solle auch überprüfen, ob die Türkei überhaupt noch die bereits 70 bisher als erfüllt angesehenen Kriterien für eine Visaliberalisierung einhalte. Größter Streitpunkt sind die in der Türkei geltenden Anti-Terrorgesetze.

Türkei bestellt Gesandten der deutschen Botschaft ein

Im Streit um die Pro-Erdogan-Demonstration in Köln bestellt das türkische Außenministerium den Gesandten der deutschen Botschaft in Ankara ein. Dies sei für Montagmittag geplant, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus zuverlässiger Quelle in Ankara. Botschafter Martin Erdmann ist im Urlaub, daher nimmt der Gesandte – sein Stellvertreter – den Termin wahr.

Die türkische Regierung hatte scharfe Kritik daran geäußert, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sich am Sonntag nicht per Videoleinwand an die Demonstranten in Köln wenden durfte. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin hatte das Verbot durch das Bundesverfassungsgericht inakzeptabel genannt. Kalin hatte eine “befriedigende Erklärung” Deutschlands dafür verlangt.

Gut zwei Wochen nach dem vereitelten Putsch in der Türkei hatten am Sonntag Zehntausende in Köln friedlich ihre Unterstützung für Erdogan demonstriert. Zugleich feierten sie die Niederschlagung des Umsturzversuchs. Eigentlich hatten die Veranstalter der Kundgebung in Köln geplant, Erdogan auf einer Großleinwand live zuzuschalten – dies war angesichts der aufgeheizten Stimmung aber verboten worden.

Nach Angaben der Polizei nahmen 30.000 bis 40.000 Menschen an der Kundgebung teil. Es gab mehrere Gegendemonstrationen. Zu den befürchteten Ausschreitungen kam es aber nicht. Die Polizei zog am Abend eine positive Bilanz. Im Einsatz waren 2700 Beamte, auch Wasserwerfer standen bereit.

Der Kundgebungsplatz glich einem roten Meer aus türkischen Flaggen. Mit einer Schweigeminute gedachten die Teilnehmer der Opfer des Putschversuches in der Türkei sowie der Opfer der jüngsten Terroranschläge in Frankreich, Deutschland und der Türkei. Gegen Ende der Veranstaltung wurde eine Botschaft Erdogans verlesen. In dieser lobte er, dass sich die türkische Bevölkerung den Putschisten mutig entgegengestellt habe. Er dankte auch den türkischen Bürgern, die in Deutschland auf die Straße gegangen seien. “Heute ist die Türkei stärker als sie je vor dem 15. Juli gewesen ist”, hieß es.

(APA)

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