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Todesangst statt Eheglück

Statt Eheglück hat der Trauschein den Irakerinnen Ahda und Joanne nur Unglück gebracht: Die 25 und 26 Jahre alten Ärztinnen haben ihr Jawort zwei US-Soldaten gegeben.

Mit Angehörigen der Besatzungsarmee die Ehe einzugehen, ist eines der größten Tabus, die im Nachkriegs-Irak gebrochen werden können. Ahda und Joanne könnten als Kollaborateurinnen ermordet werden. Auch ihre bewaffneten Ehemänner können ihnen keinen Schutz geben, denn auch für sie birgt die Liebe Gefahren.

Die beiden Soldaten aus Florida sollen das Eheversprechen während einer Streife in Bagdad gegeben haben – wird ihnen das nachgewiesen, riskieren sie eine Bestrafung wegen Pflichtverletzung im Dienst. Den ungleichen Paaren bleibt nur eins: Sie müssen sich aus dem Weg gehen.

Schon wenn ein US-Soldat während einer Streife eine Essenspause in einem Restaurant einlegt, gelte dies als Pflichtverletzung, erläutert ein US-Armeesprecher in Bagdad. Schließlich sollten die Soldaten auf der Straße für Sicherheit sorgen. Was der 27-jährige Christopher und sein zehn Jahre älterer Kollege Brett Mitte August während ihrer Patrouille machten, war jedoch mehr als eine Sandwich-Pause zwischendurch: Sie legten eine schnelle Doppelhochzeit ein. Entsprechend der irakischen Heiratsregeln zahlten sie 1.000 Dollar an ihre Frauen, verpflichteten sich auf die Zahlung von 10.000 Dollar Unterhalt im Falle einer Scheidung und sagten Ja. Zwei Wochen vor der Hochzeit waren die beiden Christen bereits zum Islam konvertiert.

Joanne und Ahda hatten sich als Dolmetscherinnen in einem Hotel der irakischen Hauptstadt ein wenig dazuverdient, als sie Brett und Christopher kennen- und lieben lernten. Hochzeitsfotos zeigen die blonde Joanne mit den grünen Augen an der Seite ihres strahlenden Christopher und Ahda mit den langen braunen Haaren neben dem kahlrasierten Brett. Aber die Grenzen des Glücks werden den Frischvermählten tagtäglich vor Augen geführt.

Romantische Rendezvous sind für sie ausgeschlossen. Überall in Bagdad lauert die Gefahr, und auch die US-Armee bietet keine Sicherheit für ein lauschiges Beisammensein. Vor dem Quartier ihrer Männer werden die Frauen abgewiesen wie jeder andere Iraker, betont der US-Armeesprecher. „Aber sie können sich Briefe und E-Mails schreiben.“

Auch bei Joanne zu Hause herrscht Vorsicht. Fremde werden dort abgewimmelt. „Bitte gehen Sie“, sagt Joannes Schwester zur Reporterin, die nur bis zum verschlossenen Gartentor kommt. „Wir haben eine unheimliche Angst, getötet zu werden oder dass ein Anschlag auf unser Haus verübt wird.“ Die Familie denke sogar darüber nach, die Stadt oder das Land zu verlassen, flüstert die Schwester. Sie müsse Englisch sprechen, damit die Nachbarn sie nicht verstünden.

Bei Ahda ist niemand zu Hause, aber eine Nachbarin ist über den Skandal informiert. Sie habe in einer Talksendung im Radio gehört, dass zwei Irakerinnen US-Soldaten geheiratet hätten. Zwar seien die Namen der Frauen nicht genannt worden, aber die Beschreibung der einen treffe auf Ahda zu, versichert sie. Sie habe sich dann an die Fahrzeuge mit abgedunkelten Scheiben und bewaffneten Bodyguards erinnert, die Ahda mehrmals heimgebracht hätten.

Als sie Ahda danach ihre Bewunderung für deren Mut ausgesprochen habe, habe diese gelächelt – und die Heirat bestritten, erinnert sich die Nachbarin. „Sie lügt, um sich zu schützen.“ Die meisten Hörer der Radiosendung hätten die Hochzeiten verurteilt. Die Frauen hätten zum falschen Zeitpunkt US-Bürger geheiratet, findet die Nachbarin und verurteilt das Handeln dann selbst. „Man heiratet keinen Soldaten der Besatzungsarmee“, sagt sie. Aber gegen Amerikaner habe sie nichts, „weil sie gute Horrorfilme machen“.

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