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"Tod eines Kritikers"

Martin Walser sieht sich als Gewinner des Streits um seinen Roman "Tod eines Kritikers" und spricht über Liebe zu Reich-Ranicki.

Der 75-jährige Schriftsteller zog in einem Interview des „Sterns“ Bilanz des Konflikts über seine Abrechnung mit Marcel Reich-Ranicki, der Vorbild für die Titelfigur ist.

Der Mitherausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Frank Schirrmacher, hatte Walser antisemitische Tendenzen vorgeworfen. Walser zog laut einem „Stern“-Vorabbericht von Sonntag die Bilanz, es sei „nicht ein Drecksjahr“, sondern “überhaupt Dreck“ gewesen. „Es würde mich – ja, das kann ich schon sagen – nicht mehr geben, wenn die ganze Öffentlichkeit und auch die Leser reagiert hätten, wie Herr Schirrmacher sich wohl ausgerechnet hat. Dann wäre ich weg, wäre wahrscheinlich nicht mehr hier. Die FAZ hat es nicht geschafft, und deswegen kann ich leben.“

Frank Schirrmacher, der den Walser-Roman ein „Dokument des Hasses“ nannte, sei eine „Gefühlsniete, was mich betrifft, wenn er glaubt, ich könnte aus Hass schreiben. Das kann ich nicht“, erklärte Walser. „Ich schreibe nur über Leute, die ich liebe. Und der ’Tod eines Kritikers’ ist eine unglücklich verlaufene Liebesgeschichte.“ 20 Jahre „hemmungslose“ Machtausübung Reich-Ranickis in der Literaturszene habe sich bei ihm zum Vorwurf ausgewachsen: „Lässt du dir wirklich alles gefallen? Bloß weil der der Mächtigste ist in der Szene?“ Mit seinem Roman habe er „eine Prosakomödie inszeniert“ und die „wirkliche Figur ins Überlebensgroße“ gesteigert. „Dankbar könnte der Herr sein.“

Niemals habe er bedauert, so Walser im „Stern“, dieses Buch geschrieben zu haben. „Das Buch hatte in mir eine angejahrte Dringlichkeitsstufe – und nun bin ich es glücklich los. Manchmal, was ich mit früheren Büchern nicht immer mache, nehme ich dieses Buch in die Hand und schaue hinein und sage: Ja!Ja!Ja!“

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