SPÖ schließt Dornauer aus Klub aus, dieser ist "überrascht"

Er wisse ehrlich gesagt auch nicht, "auf welcher Rechtsgrundlage diese Konsequenz nun getroffen wurde". Mehr werde er vorerst nicht sagen. Er wolle das nun erst einmal "ordnen und einordnen". Die Sitzung des Landtagsklubs, in der die politische Trennung auch formell vollzogen wird, findet am späten Nachmittag im Landhaus statt. Im Anschluss daran wird der rote Landesparteivorstand in der Zentrale in der Salurner Straße zusammentreten. Dabei stand APA-Informationen zufolge auch ein Parteiausschluss Dornauers im Raum.
Konflikt schwelte seit längerem, SPÖ sah "Koalitionsbruch"
Der Konflikt zwischen Dornauer und der nunmehrigen SPÖ-Spitze war seit seinem unfreiwilligem Abgang aus Regierung und Parteispitze im vergangenen November stetig geschwelt. Nun kam es zur endgültigen Eskalation. Ursächlich dafür war ein Vorstoß Dornauers gegenüber der APA im Sommer gewesen. Er sprach sich dabei für eine Rückzahlung von 280 Millionen Euro an "Übergewinnen" durch den Landesenergieversorger Tiwag an die Bevölkerung aus Gründen der Gerechtigkeit und sozialdemokratischer Werte aus und wollte bei der Landtagssitzung kommende Woche einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag einbringen - wider der Position der Parteispitze und des Koalitionspartners ÖVP.
Die SPÖ-Partei- und Klubspitze sah darin einen "Koalitionsbruch" bzw. einen Bruch des Koalitionsvertrages, wonach man bei Anträgen der Regierungsparteien und Abstimmungen bei Anträgen der Opposition gemeinsam vorgehe. "Der Landtagsklub der SPÖ Tirol wird Georg Dornauer ausschließen. Menschlich mögen wir eine solche Entwicklung bedauern, doch sie ist alternativlos, um unsere gemeinsame Arbeit für Tirol fortsetzen zu können", erklärte Klubobfrau Elisabeth Fleischanderl.
Alle Abgeordneten der Regierungsparteien müssten sich an die entsprechenden Regeln für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit halten, so Fleischanderl. Ein Abweichen von dieser Vereinbarung mit der ÖVP würde wichtige Projekte des Regierungsprogramms gefährden. Wer diesen "konstruktiven Weg der Zusammenarbeit" verlasse, könne nicht mehr Teil des SPÖ-Klubs sein. Die Klubchefin erinnerte auch daran, dass Dornauer im Jahr 2022 bei den Verhandlungen über die Koalition diese Vereinbarungen "persönlich ausgehandelt und unterschrieben" habe.
Zuletzt hatte es hinter den Kulissen Gespräche und Verhandlungen nach Dornauers Tiwag-Vorstoß gegeben. Im SPÖ-Klub zeigte man sich mit Dornauers Begehren weiter nicht einverstanden, somit wollte der frühere Landesparteichef den Antrag alleine einbringen. Laut "TT" war darin von einer Rückführung als Sonderdividende in Höhe von 170 Millionen Euro an die Bevölkerung die Rede. Die Oppositionsparteien FPÖ, Liste Fritz und Grüne, die auch eigene Anträge einbringen wollen, signalisierten Zustimmung. Eine Mehrheit hätten diese inklusive Dornauer naturgemäß trotzdem nicht gehabt.
ÖVP schmallippig, FPÖ ortet "Chaos-Tage"
Der Koalitionspartner ÖVP wollte den Ausschluss Dornauers lediglich "zur Kenntnis" nehmen, sagte Klubobmann Jakob Wolf zur APA. "Das ist die Angelegenheit des SPÖ-Landtagsklubs", meinte er. Die ÖVP setze weiterhin auf eine "vertrauensvolle" Zusammenarbeit in der Koalition. Den jüngst eingegangenen Antrag Dornauers zur Tiwag wollte sich Wolf erst einmal anschauen. Ein eigener Antrag der Koalition sei indes nicht geplant, nachdem Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) daran arbeite, dass die Tiwag-Dividende diesmal höher ausfallen solle.
Für die FPÖ waren durch den Rausschmiss Dornauers indes "Chaos-Tage inmitten der Krise" angebrochen. Landesparteiobmann Markus Abwerzger zeigte sich "schockiert" über das "politische Desaster", das Mattle und "seine sozialdemokratischen 'Schrumpf-Koalitionspartner'" anrichteten. "Die Tirolerinnen und Tiroler haben Stabilität und eine Wende zum Positiven verdient, statt Stillstand, Streit und Eigennutz", hielt er fest und verwies etwa auf die "extremste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, eine unvorstellbare Hyperinflation" sowie eine "dramatisch steigende Rekordarbeitslosigkeit".
Keine Auswirkungen auf Koalitionsmehrheit
Die Koalitionsmehrheit wird auch in Zukunft wegen eines baldigen "wilden" bzw. freien Abgeordneten Dornauer jedenfalls nicht gefährdet sein. ÖVP und SPÖ verfügen derzeit im Landesparlament über 21 von 36 Mandaten und stellen somit eine deutliche Mehrheit. Mit einem Mandatar weniger wäre diese nur geringfügig beeinträchtigt.
Eiszeit zwischen "Parteifreunden"
Der nunmehrige Knalleffekt markierte den Schlusspunkt unter einer seit längerem andauernden Entfremdung. Dornauer und die Parteispitze hatten sich intern nicht mehr viel zu sagen, es herrschte de facto Eiszeit. Der Sellrainer konnte Landeshauptmannstellvertreter und Landesparteichef Philip Wohlgemuth und Getreuen seinen erzwungenen Abgang in Folge eines Jagdausfluges, in dessen Umfeld auch René Benko zugegen war, nie verzeihen. Er fühlte sich von seinen früheren Vertrauten verraten und fallengelassen und schoss fortan zunehmend quer. Und machte gleichzeitig deutlich, dass er nicht daran denke, sich politisch gänzlich zurückzuziehen. Zum Missmut der Parteioberen. Großes Engagement in Klubsitzungen, in den Ausschüssen sowie im Plenum des Landtags ließ er wiederum vermissen, wurde von der "Gegenseite" geunkt.
(APA)