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Tierschützer - Oberstaatsanwaltschaft riss der Geduldsfaden

Neue Hintergründe um die gestrige Entlassung des Tierschützers Balluch sind bekannt: Zwischen der Wiener Oberstaatsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt soll es krachen.

Dem Vernehmen nach war die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, die die Ermittlungen leitet, nicht in der Lage, einen Zeitpunkt für das Ende ihrer Untersuchungen anzugeben oder zumindest einen vertretbaren Zeitrahmen in Aussicht zu stellen.

Die OStA hatte sich pikanterweise ausgerechnet aufgrund einer Haftbeschwerde der Wiener Neustädter Anklagebehörde einmal mehr mit den Tierschützern auseinandergesetzt: Bereits am 13. August war einer der ursprünglich zehn festgenommenen Aktivisten aus der U-Haft entlassen worden, was die Staatsanwaltschaft nicht akzeptierte. Sie legte dagegen Rechtsmittel ein.

Der Schuss ging nach hinten los: Die OStA befand, dass die Enthaftung des Mannes in Ordnung war, und sie prüfte bei dieser Gelegenheit auch, ob die Anhaltung der übrigen neun Tierschützer noch zu rechtfertigen ist. Man kam zu dem Schluss, dass eine weitere Inhaftierung im Hinblick auf die zu erwartende Strafe unverhältnismäßig wäre.

Wie OStA-Sprecherin Marie-Luise Nittel nun auf Anfrage der APA darlegte, habe man die Tierschützer nicht weitere Wochen und Monate eingesperrt sehen wollen: “Es wäre nicht vertretbar gewesen, sie bis in den Herbst hinein oder gar bis Weihnachten in Haft zu behalten.” Die Wiener Neustädter Behörde soll zwar argumentiert haben, dass eine Freilassung der Verdächtigen die noch notwendigen Vernehmungen und damit den Abschluss der Ermittlungen weiter verzögern würde. Der OStA reichte diese Begründung jedoch nicht mehr aus.

“Die Enthaftungen sind eine schallende Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft in Wiener Neustadt”, meinte Michael Dohr, einer der Verteidiger der Aktivisten, im Gespräch mit der APA. Die Anordnung der OStA, die Beschuldigten auf freien Fuß zu setzen, sei aber “eindeutig zu spät” gekommen, sagte der Anwalt.

“Die Verdunkelungsgefahr ist bereits am 24. Juli ex lege weggefallen, weil eine solche nur zwei Monate angenommen werden kann”, erläuterte Dohr. Für die Tierrechtler hatten Ende Mai die Handschellen geklickt. Auf Basis des zweiten Haftgrunds eine mehr als dreimonatige U-Haft zu rechtfertigen, sei im gegenständlichen Fall mit den Menschenrechten nicht in Einklang zu bringen: “Die angebliche Tatbegehungsgefahr war schon lange unverhältnismäßig. Das, was den Leuten vorgeworfen wird, wird – sollte es zu einer Anklage kommen – von einem Einzelrichter verhandelt.”

Unbescholtene Bürger mit einem festen Wohnsitz, die vor einem Einzelrichter landen, hätten üblicherweise keinen einzigen Tag in U-Haft verbracht, betonte Dohr. Die neun Tierschützer mussten demgegenüber 110 Tage absitzen.

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